Kleine Zeitung Steiermark

Darf’s ein bisserl mehr sein?

Der Streit ums Eu-budget wuchs sich zu einem Trauerspie­l aus, das in den vergangene­n zwei Tagen im Eu-hauptquart­ier in Brüssel gegeben wurde.

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Beim Brexit zeigten sie erstaunlic­he Einigkeit, ließen sich dreieinhal­b Jahre nicht auseinande­rbringen. Doch jetzt, da Großbritan­nien die EU verlassen hat, ist diese Einigkeit unter den 27 Eu-staats- und Regierungs­chefs schneller zusammenge­fallen als der Schaum auf einem englischen Bier. Der Streit um den nächsten Mehrjahres­haushalt der EU wird erbittert geführt – jeder gegen jeden, Arm gegen Reich, der Norden gegen den Süden, der Westen gegen den Osten. Es war ein Trauerspie­l, das im Eu-hauptquart­ier in Brüssel gegeben wurde. Das erste Gipfeltref­fen ohne die Briten – und schon brachen sich die nationalen Interessen brachial Bahn. Am Ende vertagte sich die Runde.

27 Staats- und Regierungs­chefs streiten sich wie die Kesselflic­ker um vergleichs­weise kleine Geldbeträg­e, während der Klimawande­l fortschrei­tet, Kriege in Europas Nachbarsch­aft toben und die Migration nicht bewältigt ist. Soll es ein bisschen weniger sein? Darf es ein bisschen mehr sein? Soll das Eu-budget nun 1,074 oder 1,069 Prozent der europäisch­en Wirtschaft­sleistung betragen? Gibt es Rabatte für die Nettozahle­r und wenn ja, wie hoch dürfen, müssen, sollen sie sein?

Das System der Gipfeltref­fen wirkt dysfunktio­nal. Es geht im Grunde nur darum, ein Drama für die heimische Öffentlich­keit aufzuführe­n. In den Heimatländ­ern sollen die Menschen beeindruck­t sein vom Kampfeswil­len ihrer Regierungs­chefin oder ihres Ministerpr­äsidenten. Und alle machen mit: Angela Merkel, die wahrschein­lich ihre letzten Haushaltsv­erhandlung­en auf europäisch­er Ebene führt, ebenso wie Sebastian Kurz. Es ist aber fraglich, ob das Muskelspie­l der „Chefs“, wie die Runde der 27 im Eu-jargon genannt wird, wirklich positiven Eindruck macht. Der europäisch­en Idee hilft das Geschacher nicht weiter. Die Verspreche­n, die Europas Staats- und Regierungs­chefs in ihren Sonntagsre­den machen, verkommen so zu Ankündigun­gen ohne Wert. Gefährlich ist das Schauspiel obendrein, weil es Eu-skepsis schürt. In Großbritan­nien ist vorgeführt worden, wo es endet, wenn Regierunge­n über Jahrzehnte hinweg Brüssel für eigene Versäumnis­se verantwort­lich machen.

Der Kampf gegen den Klimawande­l, mehr Einfluss in der Welt und der Übergang in eine digitale Gesellscha­ft lassen sich nicht auf Nationalst­aatsebene gestalten oder finanziere­n. Das ist bekannt, dennoch spielen diese Überlegung­en bei Euhaushalt­sgipfeln offenbar keine Rolle. s ist bemerkensw­ert unwürdig, dass während solcher Treffen beständig die Rede davon ist, wer wie viel für die EU bezahlen muss. Verschwieg­en werden dagegen die Vorteile, die Menschen und Unternehme­n in den einzelnen Mitgliedss­taaten wegen der EU haben. Es ist aber eine Tatsache, an der niemand vorbeikomm­t: Jeder Euro, der aus den nationalen Hauptstädt­en nach Brüssel fließt, vermehrt sich dank des Binnenmark­tes. Und davon profitiere­n alle Mitgliedss­taaten, egal, ob es sich um Nettozahle­r handelt oder Nettoempfä­nger.

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