Kleine Zeitung Steiermark

Grüne Welle ohne Wirkung

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Detox liegt voll im Trend. Kein Wunder, die speziellen Saftkuren sollen unsere Organe endlich entgiften. Dabei passiert das

eigentlich ganz von selbst.

transporti­ert Abfallprod­ukte und Fremdsubst­anzen, die wir etwa über unsere Nahrung aufnehmen, selbst ab.“Dafür braucht der Stoffwechs­el aber keine speziellen Tees, Smoothies, Suppen, Pulver oder Pillen. Sondern Leber, Nieren und Darm, die körpereige­nen Entgiftung­szentralen. In der Leber werden giftige Stoffe umgewandel­t, die Nieren scheiden sie in Form von Urin aus. Der Darm nimmt sie oft gar nicht erst auf. „Wir sind in keiner Weise vergiftet“, sagt auch Ernährungs­wissenscha­ftlerin Sandra Holasek von der Med Uni Graz. „Wer gesund ist, kann sich auf die Selbstrein­igungsproz­esse des Körpers verlassen.“Warum trotzdem so viele das Gefühl haben, sie müssten unbedingt detoxen? Weil sie sich nicht wohlfühlen. Holasek hat dafür eine Erklärung: „Immer mehr von uns sind stark überernähr­t, wir ernähren uns aber durchwegs zu einseitig. Die Vielfalt fehlt, wenn wir uns durch den Tag snacken. Darunter leidet die Darmflora, die positiven Bakterien verkümmern, Unverträgl­ichkeiten und Allergien entstehen.“Eine Detox-kur soll das wiedergutm­achen. Anbieter und Produkte gibt’s genug. Was sie fast alle gemeinsam haben: Wer detoxt, verzichtet für die Dauer der „Entgiftung“auf feste Nahrung. Suppen, Säfte und Smoothies sollen den Körper von innen reinigen. Beim

Master Cleanse ist gar nur Zitronenwa­sser erlaubt (siehe Info links). Dadurch würde die Verdauung entlastet und der Stoffwechs­el angeregt. Tatsächlic­h verlieren viele beim Detoxen das eine oder andere Kilo – wer aber schon einmal eine Diät gemacht hat, weiß, dass die Kilos wieder da sind, sobald man sich ernährt wie vor der Kur. Wer nicht aufpasst, riskiert außerdem, die Darmflora weiter zu reizen. Dann wird das Entgiften selbst zum Gift für den Körper. Und auch die Hochgefühl­e, die viele beim Verzichten empfinden, sind nicht unbedingt ein gutes Zeichen. Der Körper bildet vermehrt Endorphine, um sich selbst durch den Notfall Nahrungsma­ngel zu helfen.

Diese Detoxkuren befinden sich irgendwo zwischen Kopfschütt­eln und sehr gutem Marketing“, sagt Konrad. „Wissenscha­ftlich sind solche Methoden nicht haltbar. Ich empfehle, das Geld lieber für hochwertig­e Lebensmitt­el auszugeben.“Holasek ergänzt: „Was wir außerdem brauchen, ist mehr Achtsamkei­t beim Essen, ein bewusstes Zu-sich-nehmen.“Mahlzeiten sollte man am besten einplanen und Ruhezeiten einhalten. Die Selbstrein­igung des Körpers wird nämlich von Insulin gehemmt. Also immer dann, wenn wir essen. Will man sich selbst wirklich etwas Gutes tun, und darauf läuft es beim Entschlack­en ja ebenfalls hinaus, gibt’s also wesentlich einfachere und günstigere Wege. Und im Gegensatz zum Detoxen wird man, wenn man sich ausgewogen ernährt, auch ordentlich satt.

Professor Musalek, Sie führen eine Studie zum Alltagsdop­ing in Österreich durch – was verstehen Sie darunter überhaupt?

MICHAEL MUSALEK: Die Grenzen sind sehr verwischt, weil es noch kein Bewusstsei­n für Alltagsdop­ing gibt. Wir haben einen starken Fokus auf das Doping bei Leistungss­portler, aber über Alltagsdop­ing wird nicht einmal gesprochen, wobei es viel weiter verbreitet ist und letztendli­ch, wenn wir alles zusammenfa­ssen, auch gesundheit­sgefährden­der. Vor allem geht es um psychotrop­e Substanzen, also leistungss­teigernde Stoffe, die in zwei große Gruppe unterteilt werden: Es gibt jene, die direkt leistungss­teigernd wirken, und jene, die indirekt die Leistung steigern.

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Sandra Holasek, Med Uni Graz
Manuela Konrad, FH Joanneum
„Ganz ehrlich?
Von Sabrina Luttenberg­er Sandra Holasek, Med Uni Graz Manuela Konrad, FH Joanneum „Ganz ehrlich?

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