Ein Övp-warnschuss gegen Abtrünnige
Einen Monat vor der Gemeinderatswahl lanciert die ÖVP einen Warnschuss an ihre Mitglieder: „Wer für eine andere Liste antritt, unterschreibt damit seine eigene Kündigung“, sagt Landesgeschäftsführer Detlev Eisel-eiselsberg. Ganz will man die Brücken zu den Rebellen aber nicht abbrechen: Alle Betroffenen werden in den nächsten Tagen brieflich darüber informiert, dass ihre Övpmitgliedschaft vorerst einmal „ruhend gestellt“werde.
Denn die Erfahrung aus der letzten Kommunalwahl 2015 hat gezeigt, dass ein Gutteil jener, die sich vor der Wahl von der ÖVP abgewandt hatten (damals oft wegen der Gemeindestruk- turreform), später wieder „in den Schoß der Partei zurückgekehrt“ist, wie Eisel-eiselsberg sagt. Die ÖVP will aber verhindern, dass Kandidaten „zweigleisig fahren“. Die Formel lautet: Nur, wer als Liste eins kandidiert, kandidiert als ÖVP.
Auslöser war diesmal Hartberg, wo Bürgerlisten-chef Ludwig Robitschko sich im Orf-interview als Övp-mitglied vorstellte. Aber auch beispielsweise in Feistritztal ist die Lage unangenehm: Dort kandidiert Exövp-bürgermeister Josef Lind gegen seine alte Partei und hofft auf ein Comeback mithilfe von SPÖ, FPÖ und Grünen. Die ÖVP, die sich mit derzeit 201 Ortschefs ungebrochen als „Bürgermeisterpartei“definiert, fühlt sich herausgefordert. Der Mitgliedschafts-bann dürfte einige Dutzend Personen treffen. Die Namen wurden in den letzten Tagen in der Övpzentrale in mühseliger Kleinarbeit eruiert. Pragmatisches Detail: Das „Ruhendstellen“ist auch einfacher als ein Parteiausschluss, weil den könnte nur der Landesparteivorstand (oder der Vorstand der betroffenen Teilorganisation) verfügen.
P robleme anderer Art beschäftigen die Neos: Sie kritisieren, dass nichtösterreichische Eu-bürger zwar als Gemeinderäte wählbar sind, aber weder Bürgermeister noch Vizebürgermeister werden können. Die Inhaber dieser beiden Ämter müssen nämlich laut Steiermärkischer Gemeindeordnung österreichische Staatsbürger sein. Neos-landtagsmandatar Robert Reif hält das für „völlig undemokratisch“und beantragt eine Gesetzesänderung. Bei den Neos gibt es auch schon einen Präzedenzfall: In Leoben kandidiert als Spitzenkandidat der gebürtige Niederländer Ries Bouwman.
Übernächste Woche finden die Wahlen in der Wirtschaftskammer statt. Der dominierende Övp-wirtschaftsbund (WB) stellt sich angesichts wachsender Konkurrenz auf weitere Verluste ein. Er steht aber trotzdem vor einer schwierigen Aufgabe. Denn der steirische Wb-direktor Jochen Pack hat – streng intern – folgende Rechnung aufgestellt: Die Zahl der abzugebenden Stimmen (man nennt sie „Wahlrechte“, weil manche Unternehmer durch Mehrfachzugehörigkeit mehrfach wählen dürfen) hat sich seit 2015 von 85.000 auf 100.000 erhöht. Die Wahlbeteiligung dürfte weiter sinken (Wb-rechnung: von zuletzt 46,9 auf rund 40 Prozent). Das Wb-wahlziel wären mindestens 60 Prozent der Stimmen (zuletzt: 68,5 Prozent). Denn die Wb-formel lautet „Vier mal zehn ist sechzig“: Wenn vier andere Listen jeweils zehn Prozent machen, bleiben 60 für den WB. Und jetzt das Interessante: Um dieses Ziel zu erreichen, müsste der WB diesmal trotzdem netto um 2000 Stimmen mehr holen als 2015. Das erklärt auch die Nervosität, mit der man der Wahl entgegenblickt.
Gelassener kann derzeit Arbeiterkammerpräsident Josef Pesserl agieren. Kommende Woche feiert die AK mit einem Festakt das Jubiläum „100 Jahre Ak-gesetz“. Pesserl warnt aus diesem Anlass vor „teilweise sehr subtil vorgetragenen Versuchen“, die Arbeitnehmerrechte zu beschränken.
Verdichtung der Arbeit und Digitalisierung seien neue Herausforderungen, Bildung und Gesundheitsschutz für Arbeitnehmer müssten ausgebaut werden, so der stets pragmatische Kammerboss. Und ein brisantes Anliegen hat er auch im Köcher: An der 35-Stundenwoche werde „kein Weg vorbeiführen“, sagt er. Allerdings solle man diesen Schritt „intelligent“umsetzen – beispielsweise in Form einer Neuverteilung der Jahresarbeitszeit.