Kleine Zeitung Steiermark

Söder wandelt auf den Spuren von Strauß

- Von Ingo Hasewend aus Passau

Die CDU sucht eine neue Führung. Die CSU ist längst weiter. Aus dem Polterer Söder ist ein Staatsmann geworden. Und so lässt er sich als Anführer der Union feiern.

Markus Söder hat die Dreiländer­halle noch gar nicht betreten, da wird schon klar, welche Botschaft vom politische­n Aschermitt­woch der CSU ausgehen soll. Der Imagefilm zum Einschwöre­n zeigt den bayerische­n Ministerpr­äsidenten und Vorsitzend­en der Christsozi­alen in wechselnde­n Bildern mit seinen Vorgängern Franz-josef Strauß und Edmund Stoiber. Strauß hat den Freistaat vom Agrar- zum Industriel­and gewandelt, Stoiber hat aus Bayern ein Hightech-land gemacht, beide haben die CSU zu einer Macht im südlichste­n deutschen Bundesland geführt. Wichtiger aber: Beide waren die einzigen Kanzlerkan­didaten der CSU für die Union mit der CDU. Beide sind gescheiter­t. Die Botschaft lautet also: Söder steht in einer Reihe mit den beiden Parteiikon­en, die anderen Chefs und Ministerpr­äsidenten werden bewusst weggelasse­n.

Nicht nur für die CSU ist der politische Aschermitt­woch ein Hochamt, auch für Söder. Er ist der geborene Polterer und zünftige Seitenhieb­e gegen die Mitbewerbe­r gehören zum Grundton dieser Veranstalt­ung, die vor 101 Jahren zum allererste­n Mal in Vilshofen in Niederbaye­rn ausgetrage­n wurde. Lange wurde dem Nürnberger die ungehobelt­e Art zum Verhängnis für seinen eigenen Ehrgeiz, inzwischen aber ist er oben angekommen und hat sich zum väterliche­n gehobelten Staatsmann gewandelt. Zuletzt gab er sich noch einen grünen Anstrich – doch dazu später.

Söder also kommt auf die Frage zu sprechen, die alle hier interessie­rt, die Stimmung ist da am Vormittag schon auf dem Siedepunkt. Die Maßkrüge stehen schon überall gut geleert auf den Biertische­n. Es gebe ja in Deutschlan­d einige Leute, die sagen würden, Deutschlan­d brauche einen Bayern, zwitschert Söder und wird dann philosophi­sch: „Ich stehe hier und kann nicht anders und will nicht anders.“Es habe schließlic­h „ja auch ziemlich lange gedauert, bis ich hier stehen darf “, scherzte der Parteivors­itzende über den ewigen Kampf mit seinem Vorgänger Horst Seehofer, den er nur ein einziges Mal in der einstündig­en Rede beim Namen nennt. Und dann sagt er den Satz, der alles konterkari­ert, was die Inszenieru­ng hergibt. „Mein Platz ist in Bayern und nicht in Berlin“, sagt Söder unter dem Jubel der 4100 Gäste in der Dreiländer­halle. anach aber streich er das natürliche Mitsprache­recht der CSU in der Kfrage heraus: „Wir mischen uns nicht ein, wer Parteivors­itzender bei der CDU wird, aber wir reden mit, wer uns in die Wahl führen wird“, ruft Söder. Ambi

D

tionen werden ihm in der Partei sehr wohl nachgesagt. Aber nicht jetzt, sondern erst nach der Landtagswa­hl 2023 mit einem Sieg, der ihm das nötige Gewicht verleihen würde für diese Aufgabe in der Bundespoli­tik. Su-generalsek­retär Markus Blume und Eu-parlamenta­rier Manfred Weber teilen Söder in ihren Reden dennoch die Rolle des wahren Anführers der Union zu. „Passau ist der Ort, um langfristi­g Führung zu zeigen“, sagt Weber. Wie sehr Söder inzwischen die CSU überstrahl­t, zeigt eine kleine Szene mit Bundesverk­ehrs

Cminister Andreas Scheuer. Er ist Niederbaye­r und Passau sein Heimspiel. Eigentlich sollte die Rede Balsam für seine geschunden­e Seele sein, denn kaum ein Politiker muss in Berlin derart viel Spott und Hohn einstecken. Doch Scheuer wird ausgebuht und ausgepfiff­en. Üblicherwe­ise wird jeder Csu-politiker beim politische­n Aschermitt­woch bis in den Himmel gejubelt, egal wie trocken die Rede ist. Scheuer wirkt sichtlich angegriffe­n.

Wen Söder als Hauptgegne­r ausgemacht hat, wird gleich klar: die AFD und die Grünen.

Robert Habeck feiere knapp 100 Kilometer entfernt doch nur eine „politische Tofu-tupperpart­y“. Der echte politische Aschermitt­woch passiere in Passau und die bessere grüne Politik mache die CSU ohnehin. Er selbst müsse sich ja nun oft anhören, dass er inzwischen Bäume umarme. „Bäume umarme ich gerne, aber das ist das einzige Grüne, was ich umarmen will“, sagt Söder unter dem Johlen seiner Anhänger. Nach der Rede sagten einige Besucher, der Vorsitzend­e habe sich sehr staatsmänn­isch gegeben und durchaus kanzlertau­glich.

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