Der „Comeback-opa“der morschen Eliten
Joe Bidens Erdrutschsieg in South Carolina könnte schon am „Superdienstag“verpuffen.
Nach einer schweren Wahlniederlage in Iowa und der Enthüllung einer außerehelichen Affäre schien 1992 Bill Clintons Chance auf eine Präsidentschaftskandidatur schon in der Frühphase des Vorwahlkampfes der Us-demokraten vorbei zu sein. Doch dann kam die Vorwahl in New Hampshire und Clinton erzielte mit einem unerwarteten zweiten Platz einen Achtungserfolg. Noch am Wahlabend stilisierte sich der Kandidat aus Arkansas zum „Comeback Kid“. Und obwohl Clinton noch einige Vorwahlen verlor, konnte er sich letztendlich als Spitzenkandidat durchsetzen. New Hampshire war der Anfang dieser Aufholjagd, die im Weißen Haus endete. chtzehn Jahre später scheint es statt einem Kid einen „Comeback Grandpa“zu geben: Ex-vizepräsident Joe Biden, der mit einem unerwartet hohen Sieg im Usbundesstaat South Carolina am Samstag seine bereits totgesagte Kampagne wiederbeleben konnte. Plötzlich scheint es wieder eine echte Alternative zum Umfragenkaiser Bernie Sanders zu geben. Innerhalb von 24 Stunden konnte Biden, laut eigenen Angaben, über fünf Millionen Dollar an Wahlkampfspenden lukrieren. Auch haben sich mehrere Parteigranden, inklusive Joe Clyburn, der einflussreiche Kongressabgeordnete aus South Carolina, dem Biden das gute Abschneiden unter den afroamerikanischen Wählern im Bundesstaat verdankt, nun für den 77-Jährigen ausge
Asprochen. Bidens nationalen Umfragewerte schnellten letzte Woche ebenfalls wieder nach oben. ennoch, in landesweiten Umfragen führt Bernie Sanders das Feld der Bewerber um die Kandidatur der Demokraten weiterhin an. Sanders, der sich selber als demokratischer Sozialist bezeichnet, hat bereits zwei Vorwahlen gewonnen. Er gilt nach wie vor als Favorit am Dienstag, dem „Super Tuesday“, wenn in 14 Bundesstaaten parallel vorgewählt wird und mehr als zwei Drittel der Delegierten vergeben werden, die im Sommer dann den demokratischen Kandidaten küren werden. Auch hat Sanders, abgesehen von Michael Bloomberg, die größten finanziellen Reserven. Dazu kommt, dass seine Kampagne als die am besten organisierte gilt. So hat der 78-Jährige alleine in Kalifornien 23 Wahlkampfbüros, Biden hingegen nur eines. anders wird also mit großer Wahrscheinlichkeit am Dienstag als Sieger hervorgehen. Die einzige Hoffnung für Biden ist, dass alle anderen moderaten Kandidaten zum Wohl der Partei freiwillig ausscheiden, sich öffentlich hinter ihn stellen und dass Bloomberg Bidens Wahlkampf finanziert. Doch das bleibt zum jetzigen Zeitpunkt reine Spekulation. Vom „Comeback Grandpa“könnte also wohl bald nur mehr das Image des alten Repräsentanten eines morschen Establishments zurückbleiben.
DS