Afrika entpuppt sich als Hoffnungsmarkt
Larven verdauen Müll und landen als Protein im Tierfutter, Bakterien fressen Öl und reinigen so verseuchte Böden. So innovativ punkten steirische Green-tech-firmen in Afrika.
Cobus Kotze von Agriprotein greift in die Vollen. Es wurlt nur so in seiner Hand, mit der er Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-miedl und dem Vorstand von Christof Industries, Günter Dörflinger, vor Augen führt, welche Art von Kreislaufwirtschaft das südafrikanische Unternehmen mit steirischer Beteiligung künftig bei der Entsorgung von Lebensmittelabfällen ankurbeln will.
Täglich werden hier 250 Tonnen an Abfällen von Verpackungen befreit und zu einer Nährlösung für Fliegenlarven-mast aufbereitet. Seit 2016 ist Christof Industries an Agriprotein nahe Kapstadt beteiligt, steuert Know-how und Manpower beim Anlagenbau bei und liefert – in Kooperation mit der Boku Wien und der Montan-uni Leoben – Expertise, um so diesen Prototypen über professionelle Industrialisierung zur Serienreife zu verhelfen. Es ist die wohl spannendste Station auf der Südafrika-expedition der steirischen Wirtschaftsdelegation unter Regie von Bernhard Puttinger vom Green-tech-cluster und ICSCHEF Robert Brugger.
Täglich produziert Agriprotein zwölf Tonnen Larvenöl und 80 Tonnen Larvenmehl – proteinreiche Produkte, die als Fischmehlersatz in der Tiermast landen. Der organische Abfall wird um ein Drittel reduziert, der Rest wird Kompost. Sechs Wochen dauert ein Zyklus, bis die Larven „geerntet“werden. Zehn Prozent jeder Generation entpuppen sich und sorgen als Fliegen für den Nachwuchs.
Für Dörflinger „ist das die Zukunft: 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel landen weltweit im Jahr im Müll, in Österreich 157.000 Tonnen.“Agriprotein schaffe es, aus Abfall wertvolle Proteine zu machen – und hat dafür internationale Innovati
onspreise erhalten. Die erste industrielle Anlage wollen die Partner gemeinsam in Kalifornien errichten, wo 2023 die Deponierung von Lebensmittelabfällen verboten werden soll.
Den Biotechnologie-ansatz, sich Prozesse der Natur zunutze zu machen, um Umweltprobleme zu lösen, verfolgt auch Karl Putz mit seiner Firma „ensowa“in Schäffern. „Seine“Bakterien sanieren als Ölfresser schon in China kontaminiertes Erdreich, um Grundwasser zu schützen. Afrika ist für ihn ein großer Hoffnungsmarkt. Er führt erste Gespräche mit Raffinerie-betreibern und ist optimistisch: „Den China-auftrag habe ich auch so einer Ics-delegationsreise zu verdanken!“Auch die übrigen Teilnehmer der Greentech-expedition sehen in der sanften grünen Wende in Südafrika ihre Chance. In einem Land, in dem die Wirtschaft mit ständigen Strom-abschaltungen zu kämpfen hat, gibt es hohen Druck, Energie einzusparen. Eine Steilvorlage für Expertise in Solarthermie ist auch das Thema Dämmung, um den Stromhunger von Klimaanlagen einzubremsen, meint Wolfgang Lackner von CPH Zellulosedämmungen in Hartberg.
Saubermacher-vorstand Andreas Opelt sondiert die Marktchancen für „eine innovative digitale Logistik-lösung für Bauschutt-entsorgung“. Es ist wie ein „Uber-dienst“: Der nächste freie Lkw mehrerer vernetzter Transportunternehmen kommt und holt den Schutt ab. Das bringe mehr Tempo, nutze Kapazitäten effizienter und reduziere Stehzeiten. Das Afrika-fazit von Eibinger-miedl: „Nach Jahren der Entwicklungszusammenarbeit geht nun die Tür für steirische Firmen auf, hier auch Geschäfte zu machen. Deren Green-tech-kompetenz hilft Afrika bei der grünen Wende.“
Die anderen bemerken es zuerst. Mamas Klopfen an der Tür oder das Rufen des Namens ins Nebenzimmer, das unbeantwortet bleibt. „Man weiß ja nicht, dass man nichts hört, weil man es ja nicht hört“, sagt Elisabeth Reidl.
Mit 15 Jahren erhielt Elisabeth Reidl die Diagnose „mittelgradige Schwerhörigkeit“. Ursache unbekannt. „Dann bekam ich mein für mich katastrophales erstes, großes, hässliches, analoges Hörgerät“, holt die vierfache Mutter aus. Für den Teenager bricht eine Welt zusammen. „Kein Kino, kein Fernsehen, keine Disco – das ging alles innerhalb kürzester Zeit nicht mehr. Geschweige denn alles, was ich mir beruflich gewünscht hätte.“Der Akustiker muss mit seinem Koffer ins Wohnzimmer kommen, um das Hörgerät anzupassen – Elisabeth streikt. „Ich habe allen anderen die Schuld gegeben, warum ich?“, erzählt Reidl, die heute andere in der Selbsthilfegruppe für Hörgeschädigte und Ci-träger (Cochlea-implantat) unterstützt und begleitet. „Schwerhörigkeit ist noch immer ein Tabu-thema, das man verstecken möchte. Eine Brille ist modisch. Aber ein Hörgerät? Das will nicht jeder.“
Mit 18 Jahren war Elisabeth Reidl an Taubheit grenzend schwerhörig. „Ich habe mein Gegenüber nur mehr mit Blickkontakt verstanden“, sagt sie. „Integration war damals noch ein Fremdwort. Ich war die derrische Kapelle oder die taube Nuss.“Dazu kommt, dass sie dem Unterricht nicht folgen kann. Eine Freundin schreibt auf Kopierpapier und Reidl lernt zu Hause. Nach der Matura beginnt sie Sportwissenschaften zu studieren. „Mit 250 Leuten in einem Hörsaal.
zwei Monaten bin ich geflüchtet. Ich habe nichts verstanden.“
Mit 21 Jahren wird Elisabeth Reidl das erste Mal schwanger. „Ich habe mit meinen Kindern alles gemacht. Ich habe auch mit ihnen gesungen – lautstark, falsch und von Herzen.“Trotzdem müssen die Augen für die Ohren einspringen. „Ich musste sie immer sehen, ich hätte es nicht gehört, wenn etwas passiert wäre.“Wenn die Kinder ihrer Mutter von einem Ereignis berichten und dabei zu schnell sprechen, kann Elisabeth Reidl es nicht von den Lippen absehen. „Bald sind sie dann eher zu Papa gerannt.“
In einer Welt der Hörenden ist Reidl akustisch auf die Hilfe anderer angewiesen. Keine telefonischen Terminvereinbarungen, Bankgeschäfte oder Elternsprechstunden. „Wenn man nicht hört, wird man einsam – mitten in der Gesellschaft. Ich war wie eine Schnecke im Haus, die selten rausgegangen ist. Heute bin ich aber eine rote lästige Wegschnecke“, lacht die Verwaltungsangestellte.
Auch im Berufsleben wird man schnell zur Außenseiterin, wenn man an Gesprächen nicht teilnimmt oder nur schmunzelt, wenn alle kudern. „Je nach Grad der Hörschädigung ist das wie Zeitunglesen, bei dem jedes dritte oder fünfte Wort fehlt“, schafft sie Sensibilität für Betroffene. Reidl versteht zum Beispiel oft die Namen ihrer Kollegen nicht, versucht sich die Namensschilder an den Türen einzuprägen. Auch Arbeitsaufträge kann sie manchmal nur schwer erfassen. „Es sind Fehler aus akustischen Gründen passiert, die dem Geiste zugeschrieben wurden.“
1999 wagt die damals dreifache Mutter den großen Schritt und lässt sich ein Cochlea-imnach