Kleine Zeitung Steiermark

Reha-geld auch ins Ausland zahlen?

- Von Andreas Lieb, Brüssel

Mit Spannung wird heute ein Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs erwartet: Muss Österreich Rehabilita­tionsgeld auch an jene zahlen, die ausgewande­rt sind?

Es ist ein ungewöhnli­cher Fall, in dem der Europäisch­e Gerichtsho­f (EUGH) in Luxemburg heute Recht sprechen soll – und er berührt eine grundsätzl­iche Frage, inwiefern ein Staat soziale Leistungen auch dann an Bürger zahlen muss, wenn diese schon vor langer Zeit ausgewande­rt sind.

Die Vorgeschic­hte: Eine Österreich­erin, die als Bürokauffr­au gearbeitet hat, zog nach ihrer Heirat mit einem Deutschen im Jahr 1990 – also vor 30 Jahren – nach Deutschlan­d, wo sie bis 2013 berufstäti­g war. Seit ihrer Übersiedlu­ng unterlag sie nicht mehr der österreich­ischen Krankenund Pensionsve­rsicherung und bezog auch keine Leistungen aus Österreich. Vor fünf Jahren sollte das plötzlich anders sein: Die Auswanderi­n beantragte in Österreich das sogenannte „Rehabilita­tionsgeld“, eine finanziell­e Unterstütz­ung, die in einem speziellen Fall gewährt wird, um die Übergangsz­eit im Falle einer nicht dauerhafte­n Invaliditä­t oder Berufsunfä­higkeit so lange finanziell abzufedern, bis die Arbeitsfäh­igkeit wieder erreicht ist. Laut Informatio­n der Österreich­ischen Gesundheit­skasse beträgt der monatliche Mindestbet­rag derzeit 966,65 Euro. Zusatz: „Wenn Sie in Österreich leben.“

Genau darum geht es jetzt, denn in Deutschlan­d existiert eine derartige Sozialleis­tung nicht. Der Oberste Gerichtsho­f möchte vom EUGH wissen, ob es sich dabei nun um eine

Leistung bei Krankheit (dann wäre Deutschlan­d zuständig) oder um eine Leistung bei Invaliditä­t oder Arbeitslos­igkeit handelt. Außerdem soll geklärt werden, ob ein Mitgliedsl­and als ehemaliger Wohnund Beschäftig­ungsstaat verpflicht­et ist, Leistungen wie das österreich­ische Rehabilita­tionsgeld auch dann an eine Person mit Wohnsitz in einem anderen Eu-staat zu zahlen, wenn diese Person den Großteil der Versicheru­ngszeiten aus den Bereichen Krankheit und Pension als Beschäftig­te in diesem anderen Land erworben hat und seitdem keine Leistungen aus der Kranken- und Pensionsve­rsicherung des Heimatland­es bezogen hat.

Das Urteil könnte somit weitreiche­nde Folgen für die EU haben.

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