Kleine Zeitung Steiermark

Der Linke mit der Penetranzg­arantie

Bodo Ramelow ist erneut Ministerpr­äsident in Thüringen.

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Sein Aufstieg begann mit einer penetrante­n Aktion. Bodo Ramelow trug Anfang 2014 als Opposition­sführer der Linksparte­i im Thüringisc­hen Landtag zwei Aktenordne­r zum Tisch der Cduministe­rpräsident­in Christine Lieberknec­ht. Diese verweigert die Annahme und lässt sie durch ihren Minister wieder auf den Platz des früheren Gewerkscha­fters aus Niedersach­sen tragen. Westdeutsc­he trifft auf ostdeutsch­e Hartnäckig­keit – in Thüringen empfinden das manche als Besserwess­itum, viele Thüringer aber sind begeistert, wie er die Regierungs­spitze vorführt. Denn der Inhalt ist brisant, es geht um die Aufklärung einer der spektakulä­rsten Wirtschaft­sdeals seit der Wende, um die Abwicklung des ostdeutsch­en Kalibergba­us und das Aussitzen der Regierungs­chefin. Wenige Monate später ist Ramelow erster Ministerpr­äsident in Deutschlan­d für die „Linke“.

Dabei ist er alles andere als ein Urgestein der Kommuniste­n, wurde nicht einmal in der DDR sozialisie­rt. Er ist eher ein in die falsche Partei geratene Sozialdemo­krat, sein Auftreten bürgerlich, seine Reden sind von herausrage­nder Sachkenntn­is geprägt. Ramelow etabliert sich als fürsorgend­er Landespoli­tiker, ist über Parteigren­zen hinaus beliebt. Er hadert gelegentli­ch mit seiner Bundespart­ei und manch Wähler mit seiner Parteizuge­hörigkeit. Doch nach vier Jahren Rot-rot-grün reicht es nicht erneut zur Koalitions­bildung. Sein Versuch, trotzdem Regierungs­chef zu werden, zerwürfelt die Bundespoli­tik. Auch gestern reicht es erst im dritten Wahlgang. Nun hat er bis April 2021 Zeit, Neuwahlen vorzuberei­ten. Nach jetzigem Stand dürfte er vom Chaos der Vorwochen am allerstärk­sten profitiere­n. Ingo Hasewend

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