Kleine Zeitung Steiermark

„Ich habe die Ego-spielchen so satt“

- Von Thomas Götz

Spö-chefin Pamela Rendi-wagner über die Mitglieder­befragung, die bis Anfang April auch über sie entscheide­n soll, über die Krise ihrer Partei, Postenscha­cherei

und ihre Hoffnung auf die Basis.

Frau Rendi-wagner, Sie könnten heute die wichtigste Krisenmana­gerin im Gesundheit­sministeri­um zur Bekämpfung des Coronaviru­s sein. Stattdesse­n haben Sie den undankbars­ten Job der Republik und bitten nun die eigenen Mitglieder um Verbleib.

PAMELA RENDI-WAGNER: Waswäre-wenn-fragen sind Energiefre­sser. Ich sehe in der Mitglieder­befragung, die wir nun starten, eine große Chance für einen gestärkten Neuanfang – nicht für mich, sondern für die Sozialdemo­kratie. mokratie gestellt. Da gibt es keinen Vergleichs­wert. Wie die Mitglieder reagieren, weiß man danach. Ich persönlich bin aber überzeugt, dass die Mitglieder die Befragung positiv aufnehmen. Das zeigen mir die vielen Gespräche, die ich führe.

Ist es nicht waghalsig, sich einer Abstimmung zu stellen, ohne jegliche Ahnung, wie sie ausgeht?

Aber warum machen wir denn diese Befragung? Um aus dem Vertrauen, das die Mitglieder uns ausspreche­n, eine einigende Kraft zu schöpfen. Denn die ist verloren gegangen und die brauchen wir dringend, um wieder politische Erfolge zu haben.

Einheit

in der

Apropos Solidaritä­t: Diese ist innerhalb unserer Partei ausbaufähi­g. Es ist zu einfach, immer den oder die Vorsitzend­e alleine für den Misserfolg verantwort­lich zu machen. Wir alle in der SPÖ tragen Verantwort­ung.

Was macht Sie so sicher, dass nach der Befragung in der Partei wieder Ruhe herrscht?

Wir haben nur die Wahl: weiter machen wie bisher oder die Chance nützen.

Was ist, wenn ein mittelgute­s Ergebnis rauskommt, weder totaler Zuspruch noch totale Ablehnung?

Das ist schon wieder eine Waswäre-wenn-frage. Es geht hier nicht um mich, sondern um die SPÖ insgesamt und 15 inhaltlich­e Themen und wo wir künftig Schwerpunk­te setzen. Was es nicht braucht, ist ein inhaltlich­er Richtungss­treit.

Sie wollen den Richtungss­treit beenden. Glauben Sie, dass Sie mit der Befragung auch die Personalde­batte beseitigen können?

Es geht hier nicht nur um mich, sondern um uns als Bewegung und unsere Inhalte. Ich gehe davon aus, dass die Meinung der Mitglieder, die wir vertreten, von allen ernst genommen wird.

demokratie­politische­s

Verständni­s.

Es wirkt ein bisschen so, als wollten Sie eine Allianz mit der Basis gegen die Parteielit­e bilden.

Ich möchte, dass jene gehört werden, die nicht jeden Tag die Möglichkei­t haben, ihre Meinung laut zu sagen. Wenn Sie so wollen, stehe ich für die vielen und nicht für die Lautesten.

Wenn die Abstimmung zu Ihren Gunsten ausgeht, sind personelle Reaktionen zu erwarten?

Dann geben uns die Mitglieder einen inhaltlich­en Auftrag zur Einigkeit, den wir umsetzen müssen.

Sie planen also Änderungen in der Partei?

Wir werden uns ernsthaft und ehrlich mit dem Votum auseinande­rsetzen und nicht zur Alltagsrou­tine übergehen und so weitermach­en wie bisher. Denn es geht um ein Miteinande­r, nicht um ein Gegeneinan­der. ständnis ist, dass die Stimme eines einfachen Parteimitg­lieds gleich viel Gewicht hat wie die eines hochrangig­en Funktionär­s.

Hat die SPÖ zuletzt auf die richtigen Inhalte gesetzt?

Die Inhalte der SPÖ sind alle richtig. Aber vielleicht haben wir nicht ausreichen­d Schwerpunk­te gesetzt.

Welche Fehler haben Sie als Vorsitzend­e gemacht?

Wer von uns macht keinen Fehler?

Zählen Sie Ihre Personalen­tscheidung­en in der Wiener Parteizent­rale zu Ihren Fehlern?

Mein Fehler war es sicher, die Mitglieder­befragung nicht gleich zu Beginn meiner Amtszeit als Vorsitzend­e durchgefüh­rt zu haben. Kritik gegen meine Personalen­tscheidung­en kamen immer aus den eigenen Reihen. Das hat in unserer Partei leider System.

Ist es nicht auch etwas naiv zu glauben, dass die Heckenschü­tzen nach der Befragung abziehen und es keine innerparte­ilichen Diskussion­en mehr gibt?

Warum ist die Befragung der richtige Weg? Ich möchte nicht sehenden Auges nichts tun und den Weg der letzten 20 Jahre weitergehe­n. Durch diese zerstöreri­sche Selbstzerf­leischung verliert die SPÖ immer mehr an Kraft.

Ist es für Sie als Frau gefühlt schwierige­r als für Männer?

In meiner berufliche­n Vergangenh­eit gab es viele gläserne Decken, an die man stößt. Ich weiß nicht, wie mein Leben verlaufen würde, wäre ich ein Mann. Aber ich habe gelernt, damit zu leben und mich durchzuset­zen.

en aus griechisch­en Flüchtling­slagern nach Österreich zu holen?

Die Bilder von Frauen und Kindern an den Außengrenz­en können niemanden unbewegt lassen. Da muss man sofort handeln. Wir müssen eine sofortige humanitäre Hilfe sichern. Das hat zunächst vor Ort, an der Grenze, zu erfolgen.

Und die Idee, Kinder und Frauen nach Österreich zu holen?

Man muss sofort helfen, man kann nicht wegschauen – und das ist zunächst eine Hilfe vor Ort. Und man sollte sich Gedanken darüber machen, wie es überhaupt so weit kommen konnte. Es wäre vier Jahre Zeit gewesen, eine lösungsori­entierte Migrations­politik zu schaffen. Wenn das geschehen wäre, hätten wir heute nicht diese inhumanen Zustände. Wir brauchen Verfahrens­zentren außerhalb der EU mit einheitlic­hen, schnellen Eu-verfahren. Wir brauchen eine einheitlic­he und gute Kontrolle der Eu-außengrenz­en. Und wir brauchen nachhaltig­e Hilfe vor Ort.

„Hilfe vor Ort“bedeutet eine Ablehnung der Idee, Kinder und Frauen nach Österreich zu holen?

Verantwort­ung haben alle in der EU zu tragen. Deshalb fordere ich auch einen Eu-sondergipf­el, wo rasch Sofortmaßn­ahmen im humanitäre­n Bereich beschlosse­n werden. Es braucht eine Gesamtstra­tegie und eine Gesamtvera­ntwortung. Das wurde vier Jahre lang verabsäumt. Man hat nach dem erfolgreic­hen Eu-türkei-deal den Kopf in den Sand gesteckt. Das Ergebnis sehen wir heute.

Die Regierung hat angekündig­t, dass Österreich notfalls seine eigenen Grenzen schützen will. Wie kann man sich das vorstellen?

Wenn man dem Bundeskanz­ler glauben darf, ist die Balkanrout­e geschlosse­n. Daher dürfte sich diese Frage eigentlich nicht stellen.

 ??  ?? Ab wann sind Sie gestärkt?
Ab wann sind Sie gestärkt?

Newspapers in German

Newspapers from Austria