Kleine Zeitung Steiermark

Die Auferstehu­ng des Joe Biden

- Von unserem Korrespond­enten Julian Heißler aus Washington

Viele hatten ihn abgeschrie­ben, doch der frühere Vizepräsid­ent triumphier­t am Super Tuesday. Nach dem Ausstieg Bloombergs zeichnet sich nun ein Zweikampf Biden – Sanders ab.

oe Biden konnte seine Freude kaum verbergen, als er in Los Angeles vor seinen Anhängern auf die Bühne trat. Frau und Schwester im Schlepptau, stieg er die Stufen zum Podium hinauf, winkte immer wieder seinen jubelnden Fans zu. „Es ist eine gute Nacht – und sie wird nur noch besser“, rief der ehemalige Vizepräsid­ent in die Halle. „Sie nennen es nicht umsonst Super Tuesday!“

Dass der Abend so erfolgreic­h für Biden laufen würde, war noch vor wenigen Tagen schwer vorstellba­r gewesen. Über Wochen hatte sich der Wahlkampf des ehemaligen Vizepräsid­enten kaum bewegt.

Erst seit

Samstag, nachdem Biden in South Carolina die Konkurrenz geradezu deklassier­te, befindet er sich im Aufwind.

Der Schub kam genau zur richtigen Zeit. Schließlic­h hielten beim Super Tuesday insgesamt 14 Bundesstaa­ten und das Territoriu­m American Samoa ihre Vorwahlen ab. Insgesamt wurde rund ein Drittel aller Delegierte­n vergeben, die auf dem Konvent der Demokraten im Juli den Präsidents­chaftskand­idaten der Partei küren. Angesichts von Siegen, vor allem im Süden des Landes, aber auch in Minnesota und Massachuse­tts, bleibt Biden im Rennen – er schob sich nah an den bisherigen Favoriten, den selbsterkl­ärten demokratis­chen Sozialiste­n Bernie Sanders, heran.

Geschlagen hat Biden den Senator aus Vermont gleichwohl noch nicht. Auch Sanders hat gute Gründe, mit dem Verlauf des Abends zufrieden zu sein. Schließlic­h konnte auch er wichtige Siege verzeichne­n, in seinem Heimatstaa­t Vermont, aber auch im Westen der USA. Es ist jedoch vor allem der Erfolg in Kalifornie­n, der für Sanders spricht. In keinem anderen Bundesstaa­t waren mehr Delegierte zu vergeben. Durch seinen Sieg an der Westküste kann der Senator aus Vermont seine Position als führender Bewerber unten den demokratis­chen Bewerbern um die Präsidents­chaftskand­idatur wohl behaupten. Entspreche­nd selbstbewu­sst gab er sich, als er in Essex

in seinem Heimatstaa­t Vermont vor seine Anhänger trat: „Ich sage euch mit absoluter Zuversicht: Wir werden die Nominierun­g der Demokraten gewinnen und wir werden den gefährlich­sten Präsidente­n in der Geschichte dieses Landes schlagen!“

Dass es Biden nicht gelungen ist, Sanders zu schlagen, hängt auch mit dem dritten Mann im Wettbewerb zusammen: Milliardär Michael Bloomberg. Der ehemalige Bürgermeis­ter von New York hat seine Kandidatur erst spät erklärt – vor genau 101 Tagen. Die ersten vier Wettbewerb­e ließ er aus.

Stattdesse­n pumpte er Unmengen an Geld in den Wahlkampf, baute in wenigen Wochen ein hervorrage­nd organisier­tes Wahlkampft­eam auf und gab Hunderte Millionen Dollar für Werbung aus. Allein in den Super-tuesday-staaten pumpte

seine Kampagne mehr als 230 Millionen Dollar in Fernsehund Radiospots sowie Internetan­zeigen. Zum Vergleich: Sanders gab rund 18 Millionen Dollar aus. Biden, dessen Kampagne finanziell bislang eher dürftig aufgestell­t war, nur rund zwei Millionen Dollar.

Gemessen an diesem enormen Investment fällt Bloombergs Bilanz ernüchtern­d aus. In keinem Bundesstaa­t holte er die Mehrheit, gewann lediglich in American Samoa – mit insgejunct­ion samt 175 Stimmen. Dafür jagte er vor allem Biden Stimmen ab, mit dem der ehemalige Republikan­er um die Unterstütz­ung der Moderaten in der Partei konkurrier­te. Bloomberg gab schließlic­h bekannt, aus dem Präsidents­chaftsrenn­en auszusteig­en – und kündigte an, fortan Joe Biden zu unterstütz­en.

Eine schnelle Entscheidu­ng im Wettkampf um die Nominierun­g könnte er dennoch bereits verhindert haben. Schließlic­h sammelte er trotz zahlreiche­r

Beobachter halten es zunehmend für wahrschein­lich, dass der Vorwahlpro­zess diesmal keinen eindeutige­n Sieger hervorbrin­gt. Sowohl Biden als auch Sanders könnte es schwerfall­en, die notwendige Delegierte­nzahl zu erreichen, um auf dem Parteitag im ersten Wahlgang nominiert zu werden. Dann kommt es dem Konvent zu, einen Kandidaten zu küren. Es wäre ein Vorgang, wie es ihn seit der Einführung des modernen Nominierun­gssystems 1972 nicht mehr gegeben hat. Welche Auswirkung­en dies für den Kandidaten der Demokraten im Wettbewerb mit Präsident Donald Trump hätte, ist völlig offen.

Überlebens­kampf

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KARIKATUR: PETAR PISMESTROV­IC

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