Der Sog nach Wien wird noch verstärkt
Der nicht nur wegen des Coronavirus allgegenwärtige Sozialminister wollte eingreifen, doch Rudolf Anschober hat es beim Versuch belassen. Das Treffen mit den Sozialreferenten der Bundesländer zeigte, dass es nichts zu erben gibt: Zu einer in ganz Österreich einheitlichen Sozialhilfe kommt es nicht, es wird ein Fleckerlteppich.
Bis zur Jahresmitte müssen die Länder ihr Regelwerk für die Mindestsicherung an das noch von der alten Regierung erlassene Grundsatzgesetz anpassen, das Ende 2019 zwar in wesentlichen Punkten vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde, sonst aber gültig blieb.
Als „sachlich nicht gerechtfertigte Schlechterstellung von Mehrkindfamilien“werteten die Richter die Kinderstaffel im Sozialhilfe-modell von Türkis-blau. Für das erste Kind war ein Höchstsatz von 25 Prozent des Ausgleichszulagenrichtsatzes vorgesehen, Wien wird für das zweite Kind künftig noch 15 Prozent und für das
dritte und jedes weitere mehr Bezieher
Kind lediglich fünf Prozent. von Sozialhilfe Diese Kürzung sei anlocken, zu sprunghaft. als das Während alle anderen
abwarteten, preschten jetzt schon
Nieder- und Oberösterreich der Fall ist. vor und glichen als Musterschüler ihre Sozialhilfe an die Vorgaben des Bundes an. Das Verfassungsgericht zwang sie, den Rückwärtsgang einzulegen. Während man sich in Linz für eine sanfte Kürzung entschied, ging St. Pölten robuster vor: Fürs erste Kind gibt es 25 Prozent, bei zwei Kindern 20 Prozent pro Kind, bei drei 15, bei vier 12,5 und bei fünf und mehr Kindern jeweils 12 Prozent.
Wer nachrechnet, merkt: Bei drei Kindern gibt es in Niederösterreich 45 Prozent, gleich viel wie gemäß der aufgehobenen Staffel. Bei fünf Kindern sind es 60 Prozent statt nur 55 Prozent, weil die Untergrenze pro Person 12 Prozent beträgt, die das Verfassungsgericht 2018 als ausreichend befand. ine degressive Staffelung wurde von den Richtern nicht grundsätzlich ausgeschlossenen. Trotzdem werden nicht viele Länder den Niederösterreichern folgen. Vor allem Wien nicht. Und deshalb noch mehr Sozialhilfebezieher als jetzt schon anlocken.
EErwin Zankel war Chefredakteur der Kleinen Zeitung