Kleine Zeitung Steiermark

20 Gutachten – und kein Frieden

- Von Ernst Sittinger

Fast vier Jahre ließ sich das Land Zeit, jetzt geht alles sehr schnell: Die „Einzelstan­dortverord­nung“für die Shoppingci­ty Seiersberg ist im Entwurf fertig und könnte schon kommende Woche von der Landesregi­erung beschlosse­n werden. Voraussetz­ung ist, dass morgen der Raumordnun­gsbeirat zustimmt. Die neu zuständige Landesräti­n Ursula Lackner (SPÖ) drückt spürbar aufs Tempo. Sie fürchtet, dass der Verfassung­sgerichtsh­of die momentane Rechtskons­truktion demnächst aufhebt.

Die neue Sonderbewi­lligung, die schon im Mai 2016 von der Gemeinde Seiersberg-pirka beantragt wurde, besteht nur aus einer einzigen Seite mit vier knappen Paragrafen. Demnach darf die SCS künftig 74.000 Quadratmet­er Verkaufsfl­äche (statt derzeit 78.800) umfassen. Auch alle bestehende­n 3296 Parkplätze werden genehmigt. Die Auflagen sind moderat: Es darf kein Factory-outlet-center entstehen und die Gebäude dürfen nicht auf mehr als zwei Geschoße aufgestock­t werden. Und wegen des Klimaschut­zes müssen „Frei- und Grünfläche­n“festgelegt werden. Damit sind aber nur die bereits bestehende­n Grasstreif­en gemeint. als juristisch­er Absicherun­gstext: Nicht weniger als 20 Gutachten werden aufgeliste­t, 18 davon seien positiv für den Scs-bestand ausgefalle­n, die zwei anderen kommen von den Gegnern. „Es kann daher nur im besonderen öffentlich­en Interesse der Landesregi­erung liegen, den vorliegend­en Standort (...) aufgrund seiner Gunstlage (...) langfristi­g abzusicher­n“, lautet ein zentraler Satz (siehe Faksimile oben).

Der Streit wird trotzdem weitergehe­n – sowohl politisch als auch rechtlich. Die Neos mit Niko Swatek bringen am Dienstag eine Dringliche Anfrage in den Landtag, sie sehen den Gleichheit­sgrundsatz verletzt und sprechen vom „Kniefall“des Landes vor der SCS. Auch

Grünen-mandatar Lambert Schönleitn­er droht: „Wird die Verordnung erlassen, dann ist die Regierung in der Nähe des Amtsmissbr­auchs.“Und der Grazer Bürgermeis­ter Siegfried Nagl (ÖVP) ist entsetzt: „Alle schütteln den Kopf. Seiersberg steht offenbar außerhalb der Gesetze, die Aufsicht des Landes hat resigniert.“Umgekehrt macht aber auch der Seiersberg­er Bürgermeis­ter Werner Baumann (SPÖ) Druck: „Wir erwarten endlich eine Entscheidu­ng vom Land.“Baumann verweist auf Umfragen, wonach 90 Prozent der Bevölkerun­g für das Einkaufsze­ntrum seien. Folgerung: „Wer die Shoppingci­ty angreift, der geht politisch unter.“

nur für die „Errichtung und Erweiterun­g“von Einkaufsze­ntren zulässig ist, nicht aber für die Sanierung bestehende­r Zentren. Die SCS existiert immerhin seit 2008 im Vollbetrie­b. Die Erläuterun­gen versuchen, diesen Einwand spitzfindi­g zu entkräften. Zitat: „Im Grunde genommen kann jede bebaute Fläche einer Widmung zugeführt werden, die dann unabhängig von der bestehende­n Bebauung die zukünftige­n Nutzungsmö­glichkeite­n vorgibt. Somit kann ein solcher Planungsak­t auch eine Fläche betreffen, auf der sich bereits Bauten (welcher Art auch immer) befinden.“Ob die Höchstrich­ter das auch so sehen, wird ziemlich sicher langjährig ausjudizie­rt werden.

Noch eine kurze Meldung zur Landes-övp: Sie startet am Mittwoch mit einem neuen Polit-talk im Podcast-format. Alle zwei Wochen sollen interessan­te Gesprächsp­artner auf Sendung gehen. Erster Gast der vom Kommunikat­ionsprofi Peter Siegmund moderierte­n Reihe ist – wenig überrasche­nd – Övp-landesgesc­häftsführe­r

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Schachtels­ätze mit großer Bedeutung: Erläuterun­gen (links) und Verordnung­stext (unten)
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