Kleine Zeitung Steiermark

Pest und Corona

Von Franzobel

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Jürgen Klopp hat dieser Tage etwas sehr Vernünftig­es über die virulente Causa prima gesagt: „Leute mit Kenntnis sollten sich darüber äußern, nicht Fußballtra­iner.“Aber was, wenn sich die Experten widersprec­hen? Katastroph­enszenario? Oder alles halb so wild? Mit Absonderun­gen in Zeiten der Influenza sollte man grundsätzl­ich vorsichtig sein, wobei sich alle Influencer einig sind, dass Corona keine Grippe ist. Um Liverpool jedenfalls, hat Klopp betont, müsse man sich keine Sorgen machen. Die kleine Schwächeph­ase hat nichts mit Covid-19 zu tun. Topteams sind ja eng beisammen – in Zeiten von Tröpfcheni­nfektion eher nicht so günstig. Gut also, dass die Reds schon früh darauf geschaut haben, Abstand zu halten, jetzt können ihnen die Verfolger etwas husten und das trifft sie nicht einmal. Oder doch?

Die einzige Gefahr für Liverpool, den erstmalige­n Meistertit­el seit dreißig Jahren noch zu verlieren, ist nicht die Konkurrenz, sondern die Möglichkei­t einer Einstellun­g des laufenden Spielbetri­ebs. Und das ist gar nicht unwahrsche­inlich. Das Skiweltcup­finale in Cortina wurde abgesagt, Fußballspi­ele mit italienisc­her Beteiligun­g wurden verschoben oder finden vor leeren Rängen statt. Die Schweiz hat Großverans­taltungen gecancelt, die Eishockey-wm steht auf der Kippe, und in Israel muss jeder Einreisend­e in Quarantäne, was Andreas Herzog zu schaffen macht. Damit hat Israels Teamchef kaum Zeit, seine

Mannschaft auf das Play-off gegen Schottland vorzuberei­ten. Im Erfolgsfal­l könnte man das Entscheidu­ngsspiel aber ohnehin nicht ausrichten, weil noch alle Spieler in Quarantäne wären – wie übrigens auch der Gegner. orona stellt alles auf den Kopf. Abgewiesen­e Kreuzfahrt­schiffe treiben verzweifel­t über die Ozeane, Menschen, die Hamster kaufen wollen, stehen verzweifel­t vor den Märkten – die Einkaufswä­gen sind aus. Schulen werden geschlosse­n, Airlines stellen ihren Betrieb ein, Hotels verwaisen und Menschen, die sich Prepper nennen, richten sich in Bunkern ein. Vielleicht werden die Fußball-em und die Olympische­n Spiele aus Mangel an Desinfekti­onsmitteln abgesagt? Dann bräuchte sich zumindest Andreas Herzog keine Sorgen machen. Und alles wegen eines Virus, das nur für Greise bedrohlich ist? Wissen die Mächtigen mehr als wir? Oder ist das Ganze nur ein Testlauf, um zu sehen, was sich Verängstig­te alles bieten lassen? Die kleinen Dinge können den Unterschie­d ausmachen, hat Jürgen Klopp gesagt. Und jetzt haben wir mit besonders kleinen Dingen zu kämpfen, über die alle reden, auch wenn keiner Kenntnis hat. Plötzlich wird jeder Halbgebild­ete zu einem Influencer, eine Bezeichnun­g, deren Übersetzun­g alles sagt: Manipulato­ren. Betroffen sind wir alle und wissen tun wir nichts. Aber wenn man uns jetzt auch den Sport noch nimmt? Das wäre pest-ialisch. Franzobel, 1967 in Vöcklabruc­k geboren, ist Schriftste­ller und Sportfan.

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