Kleine Zeitung Steiermark

Hässliche Bilder

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Wir werden hässliche Bilder sehen“, das hat der damalige Außenminis­ter und jetzige Kanzler 2016 angekündig­t, nachdem er, wie er immer wieder betonte, „die Balkanrout­e geschlosse­n“hatte. Seine Voraussage ist eingetroff­en. Hässliche Bilder gab es damals und gibt es heute. Es sind Bilder, von denen man noch vor einiger Zeit nicht geglaubt hätte, dass sie in einem Mitgliedst­aat der EU aufgenomme­n werden können.

Es sind Bilder, die zeigen, wie geflüchtet­e Männer, Frauen und Kinder auf Lesbos in Not und Elend hausen, wie sie verfolgt und bedroht werden. Vielleicht sind es zum Großteil keine Flüchtling­e im Sinne der Genfer Konvention, keine Menschen, denen in ihrem Herkunftsl­and Verfolgung droht. Aber es sind jedenfalls Menschen wie Sie und ich. Und das passiert in einem Mitgliedst­aat der EU, in dem doch die westlichen

Werte gelten sollten. „Wir rühmen uns Zentral für die westlichen in Europa Werte ist die Würde bestimmter des Menschen; sie ist unantastba­r. So steht es in Werte. Wir

Art. 1 der Grundrecht­echarta fordern sie von der EU. Und: Sie anderen ein. ist zu achten und zu Aber wir leben sie schützen. Die Charta beschränkt das Gebot nicht selber nicht. „

auf Staatsange­hörige eines Mitgliedst­aats. Sie stellt auch nicht darauf ab, ob sich jemand hier legal oder illegal aufhält.

Wie ist es mit diesen Werten vereinbar, wenn mit Menschen so umgegangen wird, wie dies auf Lesbos – nicht nur dort – geschieht? Und wie ist es damit vereinbar, dass die Verbindlic­hkeit der westlichen Werte immer betont wird, wenn es darum geht, welche Pflichten Menschen haben, die in der EU Schutz oder ein besseres Leben suchen? Ist das nicht ein gewaltiger Widerspruc­h? Wir rühmen uns bestimmter Werte, wir fordern sie von anderen ein, leben sie aber selber nicht. nsere Werte leben heißt nicht, dass die Grenzen offen sein müssen. Unsere Werte leben heißt, in den Unterkünft­en für geflüchtet­e Menschen und für Migranten für Bedingunge­n zu sorgen, die menschenwü­rdig sind. Würdig für die Menschen, die dort sind, würdig aber auch für uns. Denn es ist unser unwürdig, wenn wir Zustände wie auf Lesbos hinnehmen und die hässlichen Bilder mit einem Achselzuck­en abtun. Irmgard Griss war Präsidenti­n des Obersten Gerichtsho­fs und Abgeordnet­e der Neos zum Nationalra­t

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