Kleine Zeitung Steiermark

Politische Geiselhaft

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Ich schätze Kálnokys Analyse durchaus, sie weist aber meiner Meinung nach zumindest einen erhebliche­n Mangel auf: Es fehlt der Hinweis, dass Orbán jeden ernsthafte­n Versuch verhindert hat, das Problem zumindest teilweise zu entschärfe­n, weil ihm die daraus mögliche Agitation politisch nützt bzw. nützen konnte. Mit ihm versagte am Ende ganz Europa, da sie sich von ihm und seinesglei­chen dank der europäisch­en Verfassthe­it in politische Geiselhaft nehmen ließ. Davon kann man nicht einmal unsere Bundesregi­erung und insbesonde­re den Bundeskanz­ler ausnehmen.

Prof. Benedek erinnert daran, dass die Genfer Flüchtling­skonventio­n nach dem Krieg geschaffen wurde, um genau ein solches Ereignis – Schließen der Grenzen gegenüber Flüchtende­n – zu verhindern und das in einem völkerrech­tlichen Vertrag und in den Menschenre­chten zu verankern, um sicherzust­ellen, dass dagegen nicht mehr verstoßen werden kann. Leider ist die Verletzung des Völkerrech­ts weitgehend sanktionsl­os, und das Gefühl, ein „Gesetzlose­r“in der internatio­nalen Gemeinscha­ft zu sein, weil „Pacta servanda sunt“, ist in der immer breiter werdenden Gesellscha­ft von Völkerrech­tsbrechern offensicht­lich leicht zu ertragen.

Natürlich hätte es auch andere Strategien gegeben, aber wenn das implizite Ziel ist, das „Australien-modell“(kein Signatar der Genfer Konvention) zu implementi­eren, dann sind diese in einer Organisati­on, die an Einstimmig­keit gebunden ist, leider von vorneherei­n zum Scheitern verurteilt. Und die Orbáns, Salvinis und Kaczyn´skis und eben auch Kurz haben innerhalb dieser Union nunmehr genau das erreicht. Der

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