Heimkehr nach Amazonien
Das Land Steiermark retourniert 197 Schmuckstücke, Kultobjekte und Waffen aus der Amazonasregion – zum Wiederaufbau des brasilianischen Nationalmuseums.
Die Katastrophe ruinierte das Gedächtnis Brasiliens: Beim Brand des Nationalmuseums in Rio de Janeiro im September 2018 fielen 90 Prozent seiner 20 Millionen Sammlungsobjekte den Flammen zum Opfer. An der Wiederherstellung des Museums wird seither gearbeitet, finanzielle Unterstützung kommt aus aller Welt.
Zum weltweit ersten Mal erhält das Museum nun aber eine Schenkung von Objekten zum Wiederaufbau der zerstörten Sammlung. Gestern sandte das Universalmuseum Joanneum eine Kiste mit 197 Artefakten auf den Weg nach Brasilien: Darin reisen spektakulärer Federschmuck, Waffen, Kult- und Alltagsgegenstände indigener Völker aus der Amazonasregion zurück ins Herkunftsland.
Mitgebracht hatte sie vor Jahrzehnten Anton Lukesch (1912–2003). Der Grazer Missionar und Ethnologe lebte mit Unterbrechungen von den 50erbis in die 70er-jahre unter indigenen Völkern am Rio Xingu. Um eine Krankenstation zu finanzieren, verkaufte er 1982 seine Sammlung dem Land Steiermark. Verwaltet wurde diese, nach Stationen in Stainz, Preding und Köflach, zuletzt vom
UMJ. Das habe aber, so Direktor Wolfgang Muchitsch, weder Sammlungsauftrag noch Kompetenz für solche Objekte: „Aus wissenschaftlicher und ethischer Sicht war es daher die beste Lösung, die Objekte nach der Brandkatastrophe an Brasilien zurückzugeben.“Das Land Steiermark stimmte der Rückgabe zu, mit dem Nationalmuseum in Rio wurde vereinbart, dass es die Ursprungsgesellschaften der Objekte in die museale Bearbeitung einbindet.
Für den angereisten Direktor des Museu Nacional Alexander Kellner ist die Übergabe „mehr als eine Geste. Sie ist ein guter Anfang für die Wiederherstellung unserer Sammlung.“Kellner will die Objekte schon demnächst in Rio ausstellen. Vielleicht sogar gemeinsam mit einem Kunstprojekt, mit dem Daniela Brasil, ILA und Karin Lernbeiß die Rückgabe der Sammlung begleitet haben. Sie fotografierten Schmuck und Waffen in Grazer Kunsträumen und Alltagsszenen: zur Illustration der kulturellen, kirchlichen, kolonialen Verflechtungen zwischen Europa und Südamerika. Für die gibt es, nicht zuletzt angesichts aktueller Restitutionsdiskussionen, also auch glückhafte Wendungen.