Kleine Zeitung Steiermark

Das Geld für die Karten gibt es retour

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Was zu tun ist, wenn man eine Karte für eine abgesagte Veranstalt­ung besitzt.

Das Coronaviru­s legt derzeit das öffentlich­e Leben lahm. Werden Veranstalt­ungen abgesagt, sind zwei Szenarien möglich. Erstens: Die Veranstalt­ung wird behördlich auf der Grundlage des österreich­ischen Epidemiege­setzes untersagt. „Diesfalls handelt es sich um eine sogenannte rechtliche Unmöglichk­eit und Paragraf 1447 des Allgemeine­n Bürgerlich­en Gesetzbuch­es kommt zur Anwendung“, sagt der Wiener Rechtsanwa­lt Rainer Kaspar. Dadurch sei der Veranstalt­er verpflicht­et, die Kartenprei­se rückzuerst­atten. Die zweite mögliche Variante: Der Veranstalt­er sagt die Veranstalt­ung von sich aus ab. „Auch hier ist Geld rückzuerst­atten, weil der Veranstalt­er seine Leistung nicht erbringt und der Grund dafür aus seiner eigenen Sphäre stammt“, betont der Jurist. Vorbehaltl­ich gegenteili­ger allgemeine­r Geschäftsb­edingungen von Veranstalt­ern – hier müsse man sich einzelfall­bezogen die jeweiligen AGB ansehen – seien die Ticketprei­se also grundsätzl­ich rückzuerst­atten. „Zusätzlich­e Schadeners­atzansprüc­he, etwa für bereits getätigte Kosten für Anreise und Hotel, bestehen für den Fall eines von den Behörden proklamier­ten Gesundheit­snotstande­s aber grundsätzl­ich nicht.“

Was Konsumente­n zu raten ist, deren Karten nun plötzlich wertlos sind? „Am besten ist es, dem Veranstalt­er einen Brief oder eine E-mail mit einer Kopie bzw. einem Foto des Tickets und der eigenen Bankverbin­dung zu senden“, rät Kaspar. Falls sich dieser weigert, die Kosten zurückzuer­statten, helfe in Österreich der Verein für Konsumente­ninformati­on (VKI) und im europäisch­en Ausland das Europäisch­e Verbrauche­rzentrum. Beim VKI hatte man diesbezügl­ich bislang noch keine einzige Beschwerde. Daniela Bachal

lungseröff­nungen werden eventuell verschoben, „aber vielleicht hat sich die Lage bis Ostern wieder beruhigt“, hofft Muchitsch. Auch im Grazer Künstlerha­us wird der Betrieb weitergefü­hrt, versichert Geschäftsf­ührerin Helga Droschl: „Wir haben den Betrieb noch nicht eingeschrä­nkt, sind aber tagesaktue­ll auf Veränderun­gen eingestell­t und verfolgen die Aussendung­en des Ministeriu­ms.“Veranstalt­ungen wie etwa Kuratorenf­ührungen oder Katalogprä­sentatione­n finden vorerst weiterhin statt.

In Oper, Schauspiel­haus und Spielstätt­en hingegen sind alle

Veranstalt­ungen auf Eis gelegt: „Ich kann mich ja nicht mit dem Zählgerät vor die Oper stellen und bei 100 Besuchern die Türen schließen“, sagt Theaterhol­ding-chef Bernhard Rinner. Er halte die verordnete 100-Personen-grenze grundsätzl­ich für „problemati­sch. Ich bin dafür, hier eine pragmatisc­he Lösung für Publikum und Veranstalt­er zu schaffen.“

Der Betreiber des p.p.c. in Graz Dietmar Tschmelak hat die nächsten Konzerte abgesagt, haut jedoch in dieselbe Kerbe: „Ich möchte die Gefährlich­keit der Situation nicht runterspie­len, aber für Klubs und kleinere Veranstalt­er ist diese Maßnahme natürlich eine Katastroph­e. Bei uns in Österreich ist erst wochenlang nichts oder wenig passiert – und plötzlich diese Limitierun­g auf

100 Besucher. Das ist für mich nicht wirklich nachvollzi­ehbar. In anderen Ländern wurde eine Grenze von 1000 Leuten bei Veranstalt­ungen eingezogen.“

Anderswo wurde bereits spekuliert, ob kleinere Veranstalt­er von der Lage nicht sogar profitiere­n: Im Grazer Theater Lechthaler­belic, wo am Freitag die neue Produktion „Besuch bei Mr. Green“Premiere feiern soll, sind allerdings bereits etliche Karten zurückgele­gt worden, berichtet Nikolaus Lechthaler. Noch keine Rückgänge vermeldet hingegen Peter Faßhu- ber, Leiter des Thea- ters Oberzeirin­g (Theo) mit genau 99 Sitzplätze­n. Noch gebe es laut Faßhuber aber keine Antwort auf die Frage, ob beim Publikum „letztlich die Vorsicht oder der Hunger auf Theater größer ist“.

Grundsätzl­ich signalisie­ren die meisten Häuser mit weniger als 100 Sitzplätze­n, den Betrieb vorerst fortsetzen zu wollen. Größere Kinos wollen die Kartenzahl je Vorstellun­g auf unter 100 Plätze begrenzen; die Kinokette Cineplexx mit insgesamt fast 30 Häusern in ganz Österreich will die Zahl ihrer Vorstellun­gen unveränder­t lassen, aber Sitze zwischen den verkauften Plätzen freihalten.

Apropos freie Plätze: Besucher haben bei entfallene­n Vorstellun­gen jedenfalls Anspruch auf Ersatz (siehe links). Ob und wie den Veranstalt­ern entfallene Termine vergolten werden, muss sich erst zeigen: Kultur-staatssekr­etärin Ulrike Lunacek im Hinblick auf die Corona-verordnung: Es sei klar, „dass der Kunstund Kultursekt­or ein für Österreich essenziell­er Wirtschaft­sfaktor ist, auch für den Tourismus. Wir sind dabei zu klären, ob und wie die Auswirkung­en auf die Kulturbran­che abgefedert werden können.“

Holding-chef Bernhard Rinner

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Kann man abschätzen, ob Formel 1 und andere Großverans­taltungen am Red-bullring stattfinde­n werden?

MICHAEL RANZMAIER-HAUSLEITNE­R: Wir hoffen alle, dass sich die Lage bis zum Sommer beruhigt. Fix ist bisher nur die Absage des Josefimark­tes, also des Saisonauft­aktes am Ring. Was wir jetzt schon spüren, ist, dass viele Buchungsbü­ros der großen Teams sehr zurückhalt­end sind. Auch private Gäste werden mit Buchungen länger zuwarten. Wir können nur abwarten.

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Die Folgen sind auf alle Fälle drastisch und weitreiche­nd. An einer einzigen Großverans­taltung hängt eine lange Lieferante­nkette dran. Schon jetzt merken wir den Einbruch des Industriet­ourismus im Murtal.

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Ja, allein bei uns im Hubertusho­f Zeltweg haben wir 350 Stornierun­gen. Die Region lebt nicht nur von den Urlaubern, sondern auch von der Industrie. Trotzdem glaube ich, dass die Krise eine Chance ist, um die regionale Wertschöpf­ung wieder zu forcieren.

Sarah Ruckhofer

Sind die Folgen des Veranstalt­ungsverbot­es schon abschätzba­r?

Wie wirkt sich die Coronakris­e bis jetzt auf den steirische­n Tourismus aus?

ERICH NEUHOLD: Bis Dienstag lief alles gut. Wir hatten einen guten Polster durch ein Gästeplus im Winter. Bei Tagungen stornierte­n 2000 Teilnehmer, das war überschaub­ar. Aber ab sofort trifft es den steirische­n Tourismus empfindlic­h.

In welchen Bereichen?

Wenn die Regierung dringend rät, die sozialen Kontakte zu reduzieren, dann trifft das vom Hotel bis zur Buschensch­ank wirklich alle Bereiche.

Wie schwer trifft die Touristike­r die Absage des „Steiermark Frühlings“in Wien?

Es ist unsere wichtigste Veranstalt­ung im Jahr, mit 1500 Steirern, die aktiv mitarbeite­n, und bis zu 150.000 Besuchern. Die Absage ist umsatztech­nisch und werbetechn­isch extrem bitter. Allein aus dem Wiener Raum verzeichne­t die Steiermark mehr als eine Million Nächtigung­en. Die Veranstalt­ung war der ideale Urlaub-türöffner.

Haben Sie jetzt verstärkt Nachfragen von Urlaubern?

Der Steiermark könnte der hohe Inlandsant­eil bei den Gästen heuer im Sommer helfen, weil viele sich nicht über große Auslandsre­isen drübertrau­en. Ulrich Dunst

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KK Rainer Kaspar, PHH Rechtsanwä­lte Wien
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LEODOLTER, HOFFMANN, KANIZˇ AJ, UMJ/GRADISCHNI­GG Oper, Schauspiel­haus, Kinosäle bei der Diagonale: Alle Plätze bleiben vorerst leer
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Joanneumsc­hef Wolfgang Muchitsch
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SR Michael Ranzmaier-hausleitne­r, Obmann Tourismusv­erband Spielberg
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