Abwesenheitspflicht
Fast alle steirischen Hochschulen stehen ab heute leer. Erste Studenten stießen darauf schon gestern mit Corona an. Ein Lokalaugenschein.
Dass die Bundesregierung den Betrieb der Hochschulen stoppt, hat sich gestern wie ein Lauffeuer unter den steirischen Studierenden verbreitet. Am Dienstag gegen 16 Uhr gab es am Campus vor dem Hauptgebäude der Karlfranzens-universität in Graz kein anderes Thema. Etwa zu dieser Zeit vibrierten auch viele Telefone. Was die Studenten schon vermutet hatten, wurde in einer offiziellen E-mail bestätigt: Vorlesungen und Prüfungen sind hier bereits ab heute abgesagt, die Hörsäle bleiben leer. Grund ist die steigende Zahl an Coronavirus-fällen.
Diese Neuigkeit trübt die Stimmung aber nicht. Im Gegenteil: Auf der Bank am Campus sitzen zwei Studentinnen, die gerade für eine Prüfung lernen wollten, jetzt aber überlegen, was sie mit der unerhofft gewonnenen Freizeit anstellen. Eine andere Gruppe hat sich mit Corona-bier auf die Wiese vor der Physik gesetzt. Unweit davon, auf der neuen Bibliothek, zeigt der Info-bildschirm über dem
Eingang das berühmte Mikroskop-bild des Coronavirus. Abwechselnd damit wird die Information eingeblendet, dass die größte steirische Hochschule das System von Präsenz- auf Fernlehre umstellt. Auch die Lernzone und der Lesesaal der Hauptbibliothek bleiben vorerst gesperrt, die Ausleihe soll aber weiterhin geöffnet bleiben.
Der Beschluss der Bundesregierung zur Schließung der Hochschulen tritt österreichweit spätestens am Montag in Kraft (Details siehe unten). „Das war für uns eine Überraschung“, meint Joachim Hirtenfellner, Sprecher der Uni Graz. „Es stehen aber dreizehn Hörsäle mit Streamingfunktion zur Verfügung und wir werden unsere digitalen Lernplattformen in der Zeit ausweiten“, verspricht er. Die ÖH der Uni Graz betont weiters, dass „größere Tests komplett abgesagt werden“, so Vorsitzender Armin Amiryousofi. Ob man mündliche Prüfungen per Videotelefonie abhalten könne, werde gerade geklärt.
Die Technische Universität hält es ähnlich, dort wird der Prüfungsbetrieb allerdings „unter Einhaltung der hygienischen Verhaltensregeln weitestgehend aufrechterhalten, soweit dies aufgrund der örtlichen Gegebenheiten vertretbar ist“, heißt es. Die FH Joanneum setzt laut Sprecherin Johanna Theurl indes auf ihr Online-kursangebot, alle Präsenzlehrveranstaltungen wurden abgesagt: „Einen genauen Zeitpunkt, bis wann die Schließung gelten wird, haben wir nicht festgelegt.“
Weniger drastisch die Maßnahmen auf der Montanuni Leoben. Dort folge man der Empfehlung der Regierung, wolle aber vor Montag keine Maßnah
men durchführen: „In unserer Einrichtung finden in der Regel kaum Prüfungen mit einer hohen Teilnehmerzahl statt, die liegt hauptsächlich zwischen 30 bis 40“, sagt Sprecher Erhard Skupa. Auch der Betrieb an der FH Campus 02, der KPH und der Pädagogischen Hochschule wird eingestellt. An der Kunstuni wird man von heute und bis Sonntag nur für telefonische Auskünfte erreichbar sein. Nächste Woche wolle man den Betrieb einschränken. In welcher Form das vonstattengehen wird, soll bis Ende der Woche geklärt werden. „Priorität haben unsere Studenten“, betont Sprecher Hermann Götz.
Die haben, so schien es gestern, trotz vereinzelter Online-kurse mit der unverhofft gewonnenen Freizeit kaum ein Problem. Und darauf wird angestoßen. Mit noch einem Corona.