„Das kann uns nicht kaltlassen“
Wer ruft wöchentlich oder zumindest monatlich, dass das Sterben verhungernder Kinder nicht kaltlassen kann?
Jetzt werden also die Frauen und Kinder in den überfüllten Flüchtlingscamps auf Lesbos und anderen griechischen Inseln von den Neos, den Grünen, dem Bundespräsidenten bis zur deutschen Kanzlerin und der Eu-kommissionspräsidentin entdeckt. „Entdecken“ist natürlich der falsche Begriff. Die menschenunwürdigen Zustände in den Flüchtlingscamps, die Hilferufe der dortigen Bürgermeister und der überforderten Bevölkerung sind seit vielen Monaten bekannt. Wer aber hat auf die Hil
Carina Kerschbaumer ferufe reagiert, dass da in Camps, die für zweitausend Menschen konzipiert sind, über 20.000 untergebracht sind? Keine Eu-kommissionspräsidentin, keine Kanzlerin, kein Bundespräsident reagierte und rief: „Wir müssen Kinder und Mütter aufnehmen.“Da müssen zuerst
Flüchtlinge an die griechische Grenze gekarrt werden, wilde Szenen mit Wasserwerfern in alle Wohnzimmer übertragen werden, bis die Eu-präsidentin den Griechen 700 Millionen zusagt und die Aufnahme unbegleiteter Minderjähriger, meist junge Burschen, gefordert wird. Denn das könne, mahnt der Bundespräsident, nicht kaltlassen.
Nein, das kann es nicht, die Nachrichten über die Zustände in Lesbos haben allerdings lange kaltgelassen. Wie gesichtslose Statistiken kaltlassen. Oder das Faktum, dass weltweit alle fünf Sekunden ein Kind an Unterernährung stirbt. Wie viele rufen, dass diese Tragödie in Afrika uns nicht kaltlassen kann? Wenn Scheinwerfer fehlen, fehlt der Aufschrei. iemlich heuchlerisch, jetzt einzig Erdog˘an für seinen inhumanen Erpressungsversuch – der bei über 3,5 Millionen Flüchtlingen auch ein Hilferuf ist – zu verdammen. Oder für die Scheinwerfer, für die er sorgte – im Wissen, damit Erfolg zu haben.
Ein Erfolg, der für die EU beschämend demaskierend ist.
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