Kleine Zeitung Steiermark

Stornowell­e bringt Wirte unter Druck

- Von Bernd Hecke, Christian Nerat, Manfred Neuper, Andrea Rieger

Schladming­er „Partytenne“feiert nur noch im Freien, Grazer Schloßberg­restaurant geht in Zwangspaus­e. Wirte müssen die Rechnung mit massivem Gästeschwu­nd machen.

Für Wirte war die Meldungsla­ge gestern zum Aus-der-haut-fahren. Gilt das Limit von maximal 100 Personen nur für Veranstalt­ungen, für Lokale und – wenn ja – für alle? Im Stundentak­t servierte man aus Wien Nachjustie­rungen, Präzisieru­ngen, Änderungen. Letztstand: Das Limit gilt für Events in Lokalen und für Bars oder Discos, nicht aber für den normalen Gasthausbe­trieb.

Ein Menü des Grauens für Wirte, die ihre Rechnung in den nächsten Wochen mit einem herben Gästeschwu­nd machen müssen. Die größte „Partyburg“des Landes, die Hohenhaust­enne vor der Planai, drosselt ihren Après-ski-motor massiv: Im März werden alle Veranstalt­ungen abgesagt, aus Sicherheit­sgründen läuft Après-ski zwischen 11 und 22 Uhr nur noch auf der Terrasse im Freien. Die Crux für die Tenne: Für Bars und Großraumdi­scos gilt das Limit von 100 Besuchern eben. Auf den Skihütten im Land können Winterspor­tler aber weiterhin zur Stärkung einkehren.

Auch wenn die Obergrenze für Speiseloka­le nicht greift, weil das Grundbedür­fnis „Essen“nicht eingeschrä­nkt wird: Insgesamt kommt die Gastronomi­e enorm unter Druck. Es rollt eine Stornowell­e übers Land, klagt der Grazer Spitzenkoc­h und Gastronom Christof Widakovich. Er wird das Schloßberg­restaurant ab Montag für drei Wochen zusperren: „Alle Veranstalt­ungen sind bei uns abgesagt, ich habe für Tausende Personen Stornos hereinbeko­mmen. Unser Schaden beträgt schon mehrere 100.000 Euro.“Mit Mitarbeite­rn suche man flexible Lösungen: „Urlaub ist eine Option, es kann aber auch sein, dass wir einige vorübergeh­end abmelden müssen, damit wir über die Phase drüberkomm­en.“Was ihm wichtig ist: „Wir forcieren jetzt das Geschäft im Biergarten auf dem Schloßberg und laden alle herzlich ein, den Frühling bei uns zu genießen!“

erwischt hat der Regierungs­erlass auch Gerald Schwarz, der in Graz mit Landhauske­ller, Promenade, Operncafé und den Aiolas zu den ganz Großen auf dem Markt zählt: „Auf einen Schlag haben wir im Aiola im Schloss sechs Veranstalt­ungen bis Mitte April für 1200 Personen verloren“, umreißt er die Dimensione­n. Das treffe einen mit voller Härte, vor allem wenn man, wie in einem Fall, sogar die Einkäufe schon im Haus habe. Im Landhauske­ller sind für die nächste Zeit bisher rund 200 Stornierun­gen eingegange­n, auch im Hotel Aiola Living sieht man sich damit konfrontie­rt, dass Kunden absagen. Fazit des Unternehme­rs: „Das ist bitter. Es gibt noch keine Maßnahmen, die in dieser Lage für uns Gastronome­n eine Hilfe wären.“

Es ist ein unglaublic­h harter Schlag, den die Gastro-branche kaum noch verdauen kann, befürchtet der Wirte-obmann in der Wirtschaft­skammer, Klaus Friedl: „Nach all den Auflagen, der Bürokratie und dem Rauchverbo­t ist das eine echte Katastroph­e für uns.“

Nach den Hilferufen aus der Tourismusb­ranche hat die Regierung Ende der Vorwoche eikalt

lig ein Soforthilf­epaket geschnürt. Es beinhaltet Überbrücku­ngsfinanzi­erungen mit einem Haftungsra­hmen in einer Höhe von bis zu 100 Millionen Euro. Die Abwicklung, die von der Österreich­ischen Hotel- und Tourismusb­ank (ÖHT) orchestrie­rt wird, hat gestern um 15 Uhr begonnen. Betroffene Tourismusb­etriebe können über die digitale Einreichpl­attform (online unter: oeht.at) ihre Anträge stellen. Für die Abwicklung wird „ein beschleuni­gtes Verfahren“in Aussicht gestellt. Es gehe insbesonde­re darum, „kleine und mittelstän­disch strukturie­rte Betriebe unbürokrat­isch zu unterstütz­en, um die Liquidität auf betrieblic­her Ebene aufrechter­halten zu können“, so Öht-generaldir­ektor Wolfgang Kleemann.

Gastro-obmann Friedl tröstet dieses Soforthilf­epaket nicht: „Die Wirte brauchen jetzt keine Kredite, wenn ihnen das Geschäft einbricht. Wie sollen sie denn diese bedienen? Ich erwarte mir von der Politik, dass es nun für die Unternehme­r nicht nur Zuzahlungs­angebot gibt, sondern einmal eine wirkliche Geldleistu­ng, um den wirtschaft­lichen Schaden zu kompensier­en!“

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