Kleine Zeitung Steiermark

Jihadisten-prozess:

- Von Alfred Lobnik

Vor dem letzten Schlusswor­t wurde gestern in Graz der Prozess gegen elf mutmaßlich­e Jihadisten vertagt. Geschworen­e beraten heute, Urteil wird im Laufe des Tages erwartet.

Mehr als 30 Personen, darunter ganze Familien aus dem kleinen Grazer Glaubensve­rein Taqwa, haben sich 2014 in zwei Ausreisewe­llen auf den Weg in den Jihad in Syrien gemacht. Einige sind getötet worden, andere sind vermisst oder in Gefangenen­lagern oder nach Bosnien abgeschobe­n worden. Einigen gelang die Flucht zurück nach Österreich – sie sind bereits wegen Terrorismu­s verurteilt. Vor dem Geschworen­engericht in Graz standen von Anfang November bis gestern elf Taqwa-mitglieder, die ihre Freunde zum Jihad aufgerufen haben sollen. „Sie sitzen in ihren warmen Sesseln“, schrieb eine der Rückkehrer­innen in einem Brief, „während wir die Verantwort­ung für unsere Taten tragen müssen.“

Den „Gipfel der Skurrilitä­t“und „verabscheu­ungswürdig“nannte der Verteidige­r von Nedzad B., laut Anklage die religiöse Autorität der Moschee, gestern dieses „Abschieben der eigenen Verantwort­ung“auf andere. „Pure Demagogie“sei das Schlussplä­doyer des Staatsanwa­ltes gewesen, der die Moschee am Vortag einen Is-stützpunkt nannte und von den Geschworen­en Schuldsprü­che in allen Anklagepun­kten (terroristi­sche Vereinigun­g, kriminelle Organisati­on, staatsfein­dliche Verbindung) und strenge Strafen forderte. Die Anklage, da sind sich alle Verteidige­r einig, habe sich nicht erhärtet.

Das lange Plädoyer von Nedzad B.s Anwalt in Kürze: B. war nie in der Taqwa-moschee. Er war nicht die religiöse Autorität. „Er hatte gar keinen Einfluss.“Überhaupt habe keiner in der Moschee die Ausgereist­en beeinfluss­t, sich dem IS anzuschlie­ßen.

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