Jihadisten-prozess:
Vor dem letzten Schlusswort wurde gestern in Graz der Prozess gegen elf mutmaßliche Jihadisten vertagt. Geschworene beraten heute, Urteil wird im Laufe des Tages erwartet.
Mehr als 30 Personen, darunter ganze Familien aus dem kleinen Grazer Glaubensverein Taqwa, haben sich 2014 in zwei Ausreisewellen auf den Weg in den Jihad in Syrien gemacht. Einige sind getötet worden, andere sind vermisst oder in Gefangenenlagern oder nach Bosnien abgeschoben worden. Einigen gelang die Flucht zurück nach Österreich – sie sind bereits wegen Terrorismus verurteilt. Vor dem Geschworenengericht in Graz standen von Anfang November bis gestern elf Taqwa-mitglieder, die ihre Freunde zum Jihad aufgerufen haben sollen. „Sie sitzen in ihren warmen Sesseln“, schrieb eine der Rückkehrerinnen in einem Brief, „während wir die Verantwortung für unsere Taten tragen müssen.“
Den „Gipfel der Skurrilität“und „verabscheuungswürdig“nannte der Verteidiger von Nedzad B., laut Anklage die religiöse Autorität der Moschee, gestern dieses „Abschieben der eigenen Verantwortung“auf andere. „Pure Demagogie“sei das Schlussplädoyer des Staatsanwaltes gewesen, der die Moschee am Vortag einen Is-stützpunkt nannte und von den Geschworenen Schuldsprüche in allen Anklagepunkten (terroristische Vereinigung, kriminelle Organisation, staatsfeindliche Verbindung) und strenge Strafen forderte. Die Anklage, da sind sich alle Verteidiger einig, habe sich nicht erhärtet.
Das lange Plädoyer von Nedzad B.s Anwalt in Kürze: B. war nie in der Taqwa-moschee. Er war nicht die religiöse Autorität. „Er hatte gar keinen Einfluss.“Überhaupt habe keiner in der Moschee die Ausgereisten beeinflusst, sich dem IS anzuschließen.