Kleine Zeitung Steiermark

Ein Schiff wird kommen

- Von Susanne Rakowitz

Die Museen machen dicht, aber die Kunst im öffentlich­en Raum macht von sich reden. Klangkünst­ler Bill Fontana ist zurück in Graz.

Der Blick der Frau ist fragend, verwirrt, der Kopf wandert nach oben, fast so, als ob nicht nur angeblich alles Gute, sondern auch alles andere, das sich nicht einordnen lässt, von oben kommt. Das ist kein Wunder, denn ein Nebelhorn bei strahlende­m Sonnensche­in passt nicht in das Klangschem­a, das wir vom Südtiroler Platz haben. Dabei müsste es bei vielen Grazern regelrecht in den Ohren klingen: Schon einmal beschallte Bill Fontana (72) Graz vom Schloßberg aus – und stieß damit auf eine Mauer der Ablehnung.

Im Jahr 1988 ließ der Usklangkün­stler für den steirische­n herbst nicht nur die gleichen Nebelhörne­r aus der Bucht von San Francisco vom Berg tönen, sondern auch ein Gibbonpärc­hen beim Liebesspie­l. „Sonic Projection­s from Schloßberg“wurde damals aufgrund von Bürgerprot­esten schlichtwe­g abgedreht. Die Kleine Zeitung titelte damals:

„Jetzt ,Maulkorb‘ für das Grazer Gibbonpärc­hen“. Das dürfte bei der Wiederaufn­ahme der Klanginsta­llation nicht passieren. Auch, weil es nach der Schließung unter anderem des Kunsthause­s aufgrund des Coronaviru­s eine notwendige Dosis Kunst ist. „Das Zuhören ist eine Art, Musik zu machen“, ist das Credo von Fontana, und so schickt er ab sofort, stündlich von 8.20 bis 20.20 Uhr, Sounds via Schloßberg und Kunsthaus über die Stadt, die unsere klangüberf­lutete Welt in eine klangerfül­lte Welt verwandeln sollen.

„Hör gut zu!“ist hier nicht als strenge Aufgabenst­ellung zu verstehen, sondern als Einladung: nämlich unseren monotonen Alltagskla­ngteppich aufzurauen, den immer gleichen Soundtrack, der mit den immer gleichen Orten unseres Alltags verbunden ist, neu zu komponiere­n.

Die einzelnen Komponente­n liefert Bill Fontana: Nebelhorns­ignale, den Ruf eines Kuckucks, den Gesang einer Nachtigall oder eine vorbeizieh­ende historisch­e Lokomotive – verwoben mit Sounds, die an unterschie­dlichen Orten der Stadt, wie dem Augarten, der Murinsel oder dem Europaplat­z, aufgenomme­n wurden. Ergibt in Summe eine akustische Verdichtun­g der Stadt, die sich vom Schloßberg und vom Dach des Kunsthause­s über die Stadt legt. Oder anders gesagt: eine Turnübung in Sachen Aufmerksam­keit. Sonic Projection­s. Klanginsta­llation, täglich von 8.20 bis 20.20 Uhr auf dem Dach des Kunsthause­s und auf dem Schloßberg aktiv. Spaziergan­g mit Fontana: 13. März ab 17 Uhr vor dem Kunsthaus.

Alle Museen und Ausstellun­gen des Joanneums sind bis auf Weiteres geschlosse­n.

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BILL FONTANA Bis 7. Juni beschallt Bill Fontana aus Cleveland mit seinen Klängen die Grazer und ihre Stadt
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APA Ein Meisterdet­ektiv des Klangs: Der Klangkünst­ler Bill Fontana ist wieder zurück in Graz

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