Ein Schiff wird kommen
Die Museen machen dicht, aber die Kunst im öffentlichen Raum macht von sich reden. Klangkünstler Bill Fontana ist zurück in Graz.
Der Blick der Frau ist fragend, verwirrt, der Kopf wandert nach oben, fast so, als ob nicht nur angeblich alles Gute, sondern auch alles andere, das sich nicht einordnen lässt, von oben kommt. Das ist kein Wunder, denn ein Nebelhorn bei strahlendem Sonnenschein passt nicht in das Klangschema, das wir vom Südtiroler Platz haben. Dabei müsste es bei vielen Grazern regelrecht in den Ohren klingen: Schon einmal beschallte Bill Fontana (72) Graz vom Schloßberg aus – und stieß damit auf eine Mauer der Ablehnung.
Im Jahr 1988 ließ der Usklangkünstler für den steirischen herbst nicht nur die gleichen Nebelhörner aus der Bucht von San Francisco vom Berg tönen, sondern auch ein Gibbonpärchen beim Liebesspiel. „Sonic Projections from Schloßberg“wurde damals aufgrund von Bürgerprotesten schlichtweg abgedreht. Die Kleine Zeitung titelte damals:
„Jetzt ,Maulkorb‘ für das Grazer Gibbonpärchen“. Das dürfte bei der Wiederaufnahme der Klanginstallation nicht passieren. Auch, weil es nach der Schließung unter anderem des Kunsthauses aufgrund des Coronavirus eine notwendige Dosis Kunst ist. „Das Zuhören ist eine Art, Musik zu machen“, ist das Credo von Fontana, und so schickt er ab sofort, stündlich von 8.20 bis 20.20 Uhr, Sounds via Schloßberg und Kunsthaus über die Stadt, die unsere klangüberflutete Welt in eine klangerfüllte Welt verwandeln sollen.
„Hör gut zu!“ist hier nicht als strenge Aufgabenstellung zu verstehen, sondern als Einladung: nämlich unseren monotonen Alltagsklangteppich aufzurauen, den immer gleichen Soundtrack, der mit den immer gleichen Orten unseres Alltags verbunden ist, neu zu komponieren.
Die einzelnen Komponenten liefert Bill Fontana: Nebelhornsignale, den Ruf eines Kuckucks, den Gesang einer Nachtigall oder eine vorbeiziehende historische Lokomotive – verwoben mit Sounds, die an unterschiedlichen Orten der Stadt, wie dem Augarten, der Murinsel oder dem Europaplatz, aufgenommen wurden. Ergibt in Summe eine akustische Verdichtung der Stadt, die sich vom Schloßberg und vom Dach des Kunsthauses über die Stadt legt. Oder anders gesagt: eine Turnübung in Sachen Aufmerksamkeit. Sonic Projections. Klanginstallation, täglich von 8.20 bis 20.20 Uhr auf dem Dach des Kunsthauses und auf dem Schloßberg aktiv. Spaziergang mit Fontana: 13. März ab 17 Uhr vor dem Kunsthaus.
Alle Museen und Ausstellungen des Joanneums sind bis auf Weiteres geschlossen.