Geht der Autoindustrie die Luft aus?
EDidi Hubmann, Mobilitätschef, über die Zukunft einer Branche im Umbruch
Das Coronavirus könnte die
wankende Autobranche endgültig zum Kippen bringen. Die Folgen werden wir auch in Österreich spüren: Industrie, Angestellte, Arbeiter genauso wie der kleinste Autohändler.
s ist eine der Binsenweisheiten, die man sich in der Autobranche immer und immer wieder gerne erzählt hat: Kommt der Markt in China ins Stolpern, liegen die europäischen Hersteller flach.
Dass es einmal so weit kommen könnte, schien nur schwer vorstellbar. Doch jetzt ist dieses Szenario so nahe gekommen, dass langsam ein reales Bild entsteht. Und die Folgen werden bis in die kleinste Region Österreichs zu sehen sein.
Seit letztem Jahr haben sich die Krisenherde der Autobranche wie Zahnräder auf dem Weltmarkt ineinandergefügt. Die Konflikte Trump – China, Trump – Europa, die daraus resultierenden Zollerhöhungen – sie vergifteten das Geschäft langsam.
Zusätzlich kam die Autobranche unter Druck, weil sie aufgrund der neuen Abgasregelungen ihre Geschäftsmodelle auf die E-mobilität transformieren muss – mit wesentlich niedrigeren Margen. Tut sie das nicht, werden Milliardenstrafzahlun
für einige – nicht für alle – Hersteller fällig. Und dann kam das Coronavirus. Alleine im Februar 2020 ist der größte Automarkt der Welt in China um 80 Prozent eingebrochen, die Schockwellen sind bis Europa zu spüren.
Aber es sind ja nicht nur Verkaufszahlen, die den Motor der Autobranche bremsen. Durch das Coronavirus sind auch weltweite Zulieferketten ins Straucheln gekommen. Schon davor waren Batterien, Elektrobauteile und Rohstoffe knapp. Jetzt treffen sie, wenn überhaupt, oft mit Verzögerungen ein. Weil Werke in China stillstanden und der nächste große Batterieproduzent Korea ebenso im Coronavirusstrudel steckt. „Das Coronavirus hat die Lieferketten zwischen China und der restlichen Welt erschüttert. Dies wird sich in den nächsten zwei bis drei Monaten massiv auf die produzierende Wirtschaft auswirken“, erklärt Nikolaus Lang, Autoexperte bei Boston Consulting.
Für die Autobranche ist ein Teufelskreis
angeworfen. Hat man zu wenige Batterien, kann man nicht jene Stückzahl an Elektro
Autos verkaufen, die man für den europäischen Markt benötigt. Siehe Milliardenstrafzahlungen durch die EU beim Verfehlen der Co2-ziele. Es ist deshalb ein offenes Geheimnis, dass einige Autounternehmen bei der EU lobbyieren, um eine Verzögerung der Fälligkeiten in Sachen Co2-werte zu erreichen. Jene Produzenten wiederum, die ihre E-mobilitätsstrategie schon früher aufgesetzt haben, wollen, dass die Vorgaben eingehalten werden.
Man nimmt erst heute bewusst wahr, wie vernetzt diese Welt ist. Egal, ob man jetzt die Globalisierung anspricht mit ihren weltweiten Batterielieferketten für Autos oder die Zusammenhänge zwischen Wirtschaft und Sport. Volkswagen zum Beispiel bringt heuer sein wichtigstes Debüt, das E-auto ID3, auf den Markt. Als Sponsor der UEFA will man parallel zur Fußballeuropameisterschaft und deren europaweitem Spielplan im Juni/juli eine große Publikumsveranstaltung hochziehen. Mit der drohenden Absage der EM würde Volkswagen dieses Marketing-ass verlieren, mit dem man Skepsis gegenüber E-autos hätte verringern können.
Es ist ein Mosaikstein, weitere werden folgen, denn Präsentationen sind in Coronavirusgen