Unter dem Schutz der Geisterarmee
Die Steiermark wird von einem Königreich aus beobachtet. Das Heer des Keltenkönigs Atnamech beschützt das Land.
Wir gehen diesmal ein ordentliches Stück zurück in der Zeit und statten den Kelten einen Besuch ab. 1500 v. Chr. kamen sie aus dem asiatischen Raum auch nach Europa. Ihre Nachkommen, die Taurisker, gelangten über Oberösterreich ins Ennstal und wurden auch Älpler, später Noriker genannt, wie auch der Historiker Richard Heuberger 1977 an der Universität Innsbruck darlegt.
Diese Taurisker dürften durchaus ein kriegserprobtes Volk gewesen sein. „Waren sie Sieger, so schlugen sie den Feinden die Köpfe ab, banden sie an den Hals ihrer Pferde und zeigten sie zu Hause, mit Öl bestrichen und in Truhen aufbewahrt, stolz ihren Gästen“, schreibt man etwa auf Ennstal-wiki. Die Taurisker (vom keltischen „Tor“, das bedeutet „Berg“abgeleitet) werden stets als von blühend weißem Antlitz mit blauen Augen und langem, buschigem Haupthaar, das sie mit einem Kamm nach rückwärts schlangen, beschrieben. Das Gräberfeld in Hallstatt gibt uns Aufschluss über Kleidung, Waffenschmuck und Sitten dieser keltischen Bergvölker.
Robert Preis
Wie erfolgreich die Älpler waren, zeigt uns die Tatsache, dass sie es zum ersten staatlichen Gebilde auf österreichischem Boden brachten: dem Königreich Noricum.
Die Taurisker breiteten sich immer weiter nach Süden aus, bis die Römer dieser Expansion in der Schlacht bei Telamon (225 v. Chr) ein jähes Ende bereiteten. Da die Taurisker schließlich auch vom Germanenstamm der Kimbern bedrängt wurden, baten sie nun die Römer um Hilfe. Diese Situation mündete 113 v. Chr. in die Schlacht bei Noreia, einem Ort, der bis heute nicht exakt lokalisiert werden kann. Eine mögliche Gegend dafür ist die Region in der Pöllau bei Neumarkt in der Steiermark, eine Region, die man heute auch „Königreich“nennt.
In der Schlacht bei Noreia wurden die Römer von einer
germanischen Übermacht förmlich überrannt. Angeblich hatten sie es nur einem plötzlichen Gewitter zu verdanken, dass ihre Armee nicht vollständig aufgerieben wurde. 24.000 Römer sollen in den steirischen Bergen auf dem Schlachtfeld gestorben sein. Seither ist diese Gegend sagenumwoben.
Im „Königreich“in der Pöllau soll Hunderte Jahre später ein junger Mann unter einem Baum eingeschlafen sein. Plötzlich sah er im Traum eine eben jener eingangs geschilderten wüsten Gestalten im altertümlichen Gewand, einen Älpler. Der Fremde bedeutete dem Burschen, ihm zu folgen, was dieser auch tat. Er begleitete ihn in ein Höhlensystem, in dem er weitere keltische Krieger bemerkte sowie deren unermesslichen Reichtum. Immer wieder flüsterten ihm die Fremden ein Wort zu: „Atnamech.“
Als der Bursche später erwachte, hielt er Münzen in der Hand, die aus demselben Material waren wie die Schätze im Berg. Die Münzen zeigten einen Männerkopf und darüber den Schriftzug „Atnamech“.
Man sagt, dass in den Höhlen unter dem einstigen Schlachtfeld in der Pöllau das Geisterheer des Atnamech darauf wartet, um Hilfe gerufen zu werden. Und wenn die Steiermark Unterstützung braucht, dann würde es aus dem Berg stürmen. Schon zu Zeiten der Türkenkriege, Ungarneinfälle und der Schlachten gegen die napoleonischen Heerscharen seien sie immer wieder aufgetaucht. Geisterhafte Kreidfeuer auf den Bergen sollen sie angekündigt haben. Ob das urige Heer des Atnamech mit seinen keltischen Schwertern und Äxten in so schwierigen Zeiten wie diesen aber auch helfen kann, ist freilich fraglich.