Krokodil & Teddybär
Das Homeoffice hab ich im Zimmer vom Junior aufgeschlagen, und die Poster an den Wänden weisen den Weg zu seiner Jugendmusik: The Kooks, The Who, Miles Davis. Der Bursche hat einen guten Geschmack, war die Erziehung also doch nicht ganz vergeblich. Neben seinem Bett ein kleiner Spiegel mit Dick & Doof drauf. Gut, auch den infantilen Humor hat er von mir. Die Videokonferenzen mit den Kollegen funktionieren gut, und außer Martin und mir sind alle recht diszipliniert. Martin hält gerne einen Dinosaurier in die Kamera, ich antworte mit einem Teddybären. Ute muss dann zur Ordnung mahnen: „Kinder, seids brav!“, zeigt ihre Stimme den Zeigefinger. Vermutlich meint sie es halbernst.
Der Schreibtisch steht vorm Fenster. Draußen erblüht ein gelbes Blütenmeer. Früher hätte ich geschrieben: Der prächtige Goldregen prasselt in die Frühlingswelt. Jetzt schreibe ich: Es sind Forsythien, Goldregen ist etwas anderes, der kommt erst später. Der Respekt gebietet es, die Gewächse der Natur zumindest beim richtigen Namen zu nennen. Verbale Selbstdisziplin. Das tut unsereinem gar nicht schlecht. Ansonsten stehen auch wir familiär zusammen, indem wir Abstand halten. Mein alter Herr schickt mir jetzt täglich einen Gutenmorgengruß via Wischhandy. Ich schreib dann zurück: „Auch dir einen schönen Tag, Papa.“Liebe zu Zeiten der Coronakrise – hoffentlich ansteckend. BM