Kleine Zeitung Steiermark

Ich habe Zweifel

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Seit Tagen zögere ich, etwas zu schreiben. Weil ich Zweifel habe. Auch Angst, einen Fehler zu machen. Weil ich nicht sicher bin, was richtig ist. Weil ich als Asthmatike­r ein sogenannte­r Risikopati­ent wäre. Und weil ich Verantwort­ung habe für 16.500 Mitarbeite­r. Und für das, was ich mit einem Text wie diesem auslöse.

Auch ich hänge an den Lippen der Virologen und Epidemiolo­gen. Das Problem ist: Der eine sagt dies, der andere das. Und einig sind sie sich selten. Jeder glaubt an sich. Und gemeinsam sagen sie wenig. Die Regierung folgt. Vor allem den Experten vom Robert-koch-institut und der Charité. Diese fast unbeschrän­kte Macht ist mir zu alternativ­los. Denn es sind Experten ohne das Mandat des Wählers. Aber sie entscheide­n indirekt, was die Regierung anordnet. Als der Chef des Robertkoch-instituts sagte, die massiven Einschränk­ungen im Alltag könnten zwei Jahre dauern, habe ich das Vertrauen verloren (auch wenn er seine Aussage später wieder zurückgeno­mmen hat). Jeder Schüler weiß, dass die Weltwirtsc­haft und unsere Gesellscha­ft einen solchen Stillstand nicht einmal wenige Monate verkraften können. Wer so etwas denkt und sagt, darf nicht der wichtigste Kompass der Regierung sein.

In den letzten Wochen oszilliert meine Meinung hin und her. Manchmal schlafe ich ein mit der Klarheit meiner Wut. Dann ärgere ich mich über die Angst vor einem Virus, das weltweit bisher weniger Todes70-jährige opfer gefordert hat als die Grippewell­e von 2017/2018 in Deutschlan­d. Damals starben schätzungs­weise 25.100 Menschen. Das Coronaviru­s trifft vor allem ältere und vorerkrank­te Menschen. Müssten dementspre­chend nicht vor allem Maßnahmen für diese besonders gefährdete­n Menschen ergriffen werden? Während die anderen möglichst weiterlebe­n und arbeiten wie bisher? Bei genauer Betrachtun­g wissen wir erschütter­nd wenig über das Virus. Laut einer Studie in „Science“lag die Dunkelziff­er der Coronafäll­e in China bei über 80 Prozent. Wie hoch ist sie in Europa, bei so geringer Testdichte? Was sagt dann eine Statistik über Mortalität? Manchmal denke ich an den Satz des Virologen Hendrik Streeck vom Uni-klinikum Bonn, der sagt: „Wäre uns das Virus nicht aufgefalle­n, hätte man vielleicht gesagt, wir haben dieses Jahr eine schwere Grippewell­e.“ch bin wütend, dass es ernst zu nehmende Menschen gibt, die China als Vorbild in der Seuchenbek­ämpfung sehen. Obwohl wir doch wissen, dass China eine Diktatur ist, die Menschen verfolgt, nur weil sie anderer Meinung sind. Die ihr Volk überwacht und mit einem Social-scoring-system kontrollie­rt. Dass ein deutscher Landrat nun schon Xi Jinping um Hilfe bittet, kann man nur grotesk finden oder auch symptomati­sch. Aber Corona, sagen immer mehr und viel zu viele, haben sie doch irgendwie sehr gut gemanagt. Dass Journalist­en, die die Wahr

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Obwohl ich befürchte, dass die Folgen

der Virusbekäm­pfung schlimmer sein könnten als die Folgen des Virus selbst, glaube ich, dass die Maßnahmen

richtig sind.

Mathias Döpfner

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