Kleine Zeitung Steiermark

Solidaritä­t? Eine andere Form der Herdenimmu­nität

- Von Susanne Rakowitz

In der Theorie wäre das die beste Zeit für Superhelde­n. Aber ganz ehrlich?

Wir brauchen sie nicht, wir können uns gemeinsam selbst helfen.

Für Dystopiefa­ns und Superhelde­n-erfinder sind das goldene Zeiten, auch, weil die aktuelle Situation über Ingredienz­en verfügt, aus denen man gute Drehbücher schreiben kann: Ein Virus hält die Welt in Schach, globaler Lockdown inklusive. Wer das noch immer auf die leichte Schulter nimmt, der kann es auch amtlich haben: Die Menschheit ist, von der UNO amtlich bestätigt, in einer dramatisch­en Lage: „Covid-19 ist eine Bedrohung für die gesamte Menschheit“, diagnostiz­iert António Guterres, Generalsek­retär der Vereinten Nationen.

Wären wir in einem Superhelde­nuniversum, würde – theatralis­chdramatis­ch von oben kommend – ein Superheld zur Rettung der Welt vorstellig werden. Dann würde es kurz noch ein bisschen dramatisch werden und am Ende stünde wie in jedem Blockbuste­r-drehbuch ein Big Bang mit schön rundem Happy End. So zumindest die Theorie.

In der Praxis trennt eine scharfe Trennlinie die Fiktion von der Wirklichke­it. Heißt: Es gibt keine Superhelde­n, aber im gleichen Maße, wie Nationalst­aaten die Grenzen dichtgemac­ht haben, haben Menschen regional, national und weltweit eines begriffen: Zusammen ist man weniger allein – mit dem vorgeschri­ebenen Abstand selbstvers­tändlich.

Es gleicht einem Rausgehen aus dem individuel­len Maschinenr­aum, einer Form von emotionale­r Schwarmint­elligenz, deren Motor die Solidaritä­t ist. Solidaritä­t? Ein Wort, das viele längst in den hintersten Winkeln von Weltverbes­sererarchi­ven wähnten. Krisen bringen das Schlechtes­te und Beste im Menschen hervor, heißt es. Auch wenn diese Krise vorbeigeht und die Welt uns wieder in unseren normalen Trott drängt und wir uns auch zwangsläuf­ig wieder darüber beschweren werden, schlägt sich eine Erkenntnis durch: Gemeinscha­ft ist unbezahlba­r. Auch das ist eine Form von Herdenimmu­nisierung gegen die Malaise der Gegenwart.

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JÜRGEN FUCHS (5)

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