Solidarität? Eine andere Form der Herdenimmunität
In der Theorie wäre das die beste Zeit für Superhelden. Aber ganz ehrlich?
Wir brauchen sie nicht, wir können uns gemeinsam selbst helfen.
Für Dystopiefans und Superhelden-erfinder sind das goldene Zeiten, auch, weil die aktuelle Situation über Ingredienzen verfügt, aus denen man gute Drehbücher schreiben kann: Ein Virus hält die Welt in Schach, globaler Lockdown inklusive. Wer das noch immer auf die leichte Schulter nimmt, der kann es auch amtlich haben: Die Menschheit ist, von der UNO amtlich bestätigt, in einer dramatischen Lage: „Covid-19 ist eine Bedrohung für die gesamte Menschheit“, diagnostiziert António Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen.
Wären wir in einem Superheldenuniversum, würde – theatralischdramatisch von oben kommend – ein Superheld zur Rettung der Welt vorstellig werden. Dann würde es kurz noch ein bisschen dramatisch werden und am Ende stünde wie in jedem Blockbuster-drehbuch ein Big Bang mit schön rundem Happy End. So zumindest die Theorie.
In der Praxis trennt eine scharfe Trennlinie die Fiktion von der Wirklichkeit. Heißt: Es gibt keine Superhelden, aber im gleichen Maße, wie Nationalstaaten die Grenzen dichtgemacht haben, haben Menschen regional, national und weltweit eines begriffen: Zusammen ist man weniger allein – mit dem vorgeschriebenen Abstand selbstverständlich.
Es gleicht einem Rausgehen aus dem individuellen Maschinenraum, einer Form von emotionaler Schwarmintelligenz, deren Motor die Solidarität ist. Solidarität? Ein Wort, das viele längst in den hintersten Winkeln von Weltverbessererarchiven wähnten. Krisen bringen das Schlechteste und Beste im Menschen hervor, heißt es. Auch wenn diese Krise vorbeigeht und die Welt uns wieder in unseren normalen Trott drängt und wir uns auch zwangsläufig wieder darüber beschweren werden, schlägt sich eine Erkenntnis durch: Gemeinschaft ist unbezahlbar. Auch das ist eine Form von Herdenimmunisierung gegen die Malaise der Gegenwart.