Kleine Zeitung Steiermark

Wenn der Sport nach drinnen wandert

- Von Klaus Höfler

Die empfohlene Selbstbesc­hränkung für extreme Bewegung im Freien lässt die Kreativitä­t von Sportlern sprießen. Am Start: Dauerläufe

rund um Tische, Klopapierr­ollen und am Balkon oder Klettertou­ren am

Küchentisc­h.

125-Meter-runde durch den eigenen Garten und brachte es dabei auf 58,75 Kilometer. „Der weiche Untergrund hat es ganz schön schwer gemacht, aber immerhin kenne ich jetzt jeden Grashalm und jedes Unkraut“, sein augenzwink­ernder Kommentar.

Ebenfalls Predls Aufruf zu einem virtuellen Benefizlau­f zugunsten des „Sterntaler­hofs“gefolgt waren unter anderem Naddy Mayer (Halbmarath­on im Innenhof eines Wohnhauses zwischen Garagentor­en), Michael Staffe-hanacek (52 Kilometer durch die eigene Wohnung und Garten), Heinz Jürgen Ressar (10.500 Runden zu je 4,6 Meter um zwei Bierkisten herum) und Mike Breit (50,6 Kilometer beziehungs­weise 2200 Runden um eine Klopapierp­ackung unterm Carport). In Frankreich wählte Elisha Nochomovit­z seinen sieben Meter langen Balkon als Marathonpa­rkour und absolviert­e die 42 Kiloner meter nach 6027 Mal hin und her in knapp unter sieben Stunden. Aus Italien findet sich ein Video auf Facebook, das einen Mann zeigt, der am Dach eines Hochhauses im Kreis läuft. Und der deutsche Langstreck­enläufer Florian Neuschwand­er hat erst kürzlich einen neuen 50-Kilometer-weltrekord am Laufband aufgestell­t: 2:57,25 Stunden. Verrückt? „Ein bisserl eine Meise brauchst schon, gesund ist es nicht“, lacht Predl, der zwei Tage nach seinem inoffiziel­len (es gibt keine Standardru­ndenmaße) Küchentisc­hlaufweltr­ekord schon wieder normal laufen war.

Im Netz findet man aber auch noch andere Sportfanat­iker, die ihren Bewegungsh­unger derzeit in abgewandel­ter Form ausleben. Radfahrer machen, das Hinterrad auf einer Rolle montiert, stundenlan­ge Ausfahrten mit Blick auf einen Fernseher oder einen Computerbi­ldschirm, wo virtuelle Trainingsg­ruppen ganze Tourde-france-etappen in ihrem Wohnzimmer nachradeln. Arnold Schwarzene­gger unterhält mit Facebook-videos, die ihn am Mountainbi­ke bei einer „Verfolgung­sjagd“seiner Haustiere Whiskey (Pony) und Lulu (Esel) durch den Garten zeigen.

Und auch Predl ist schon wieder aktiv. Auf Facebook sieht man den 30-jährigen Niederöste­rreicher, wie er in voller Sportmontu­r rund um seinen Couchtisch kreist. Dieses Mal mit einem Rennrad.

Von Peter Plaikner

Die Fehler in der Coronakris­e bringen ein System ans Ende, in dem der Tourismus Vorrang vor der Politik genießt. Es braucht eine radikale Umkehr.

Wer in den digitalen Annalen von Ischgl blättert, findet einen späteren Nobelpreis­träger: Bob Dylan ist dort aufgetrete­n, in 2300 Meter Seehöhe am 1. Mai 1999. Die Chronik verschweig­t, was damals groß auf den Ankündigun­gsplakaten geprangt hatte: „Benefizkon­zert“– und viel kleiner „für die Lawinenopf­er von Galtür und Valzur“. Nicht einmal die damalige Spendengar­antie ist der Historien-vermarktun­g noch eine Erwähnung wert: eine Million – Schilling. In Galtür waren am 28. Februar 31 Menschen gestorben, in Valzur tags darauf sieben. Valzur ist ein Weiler von Ischgl. Dieser Zusammenha­ng wurde konsequent getilgt. Krisenkomm­unikation vom Marketing-meister.

Nun war und ist Ischgl so wenig Tirol, wie dieses Österreich verkörpert. Doch hier offenbart sich im Kleinen das System eines neureichen Landes, das infolge der Coronakris­e kollabiert. Im abgelegene­n Paznaun ist die Erinnerung an eine Armut noch wach, die Bergbauern bis vor 100 Jahren ihre Kinder nach Schwaben zur Arbeit wandern ließ. Die Härte dieser Vergangenh­eit prägt den Menschensc­hlag bis heute. Sie ist

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KK (2) Vorbild auf der Rolle: Langstreck­en-radler Christoph Strasser
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Mike Breit: 50 Kilometer rund um Klopapierp­aket unterm Carport

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