Kleine Zeitung Steiermark

„Nicht die Beine bewegen uns, sondern das Denken“

- Von Christof Domenig

Maximilian Schwarzhub­er war als Kind auf Krücken angewiesen.

Mit 24 Jahren ließ er sich die Unterschen­kel amputieren. Heute motiviert er andere, an das scheinbar Unmögliche zu glauben.

Wasser hat sich ein Fuß so stark entzündet, dass ich ewig nicht mehr aus dem Bett kam.

Sport hat also schon vor der OP eine Rolle für Sie gespielt?

Sport ja, aber sehr eingeschrä­nkt. Beim Ins-wassergehe­n hab ich sehr aufpassen müssen, dass ich mich nicht verletze. Daher war es immer schon ein Traum von mir, dass mir das alles irgendwann nichts ausmacht. An Laufen war nicht zu denken. Was ich machen konnte, war Rad fahren. Ich bin am Donauradwe­g von Regensburg nach Wien gefahren, das waren über 400 Kilometer. Ich mag Projekte, wo andere sagen, „das ist gestört“, und ich auch nicht weiß, ob ich es packe, aber es einfach versuche. Deshalb gefällt mir der Ausdauersp­ort so gut, weil man sich Herausford­erungen suchen kann, wo man nicht weiß, ob es funktionie­ren wird.

Haben Sie vor der OP auch nicht gewusst, wie es Ihnen danach gehen wird?

Ich habe mich gut informiert, zum Beispiel habe ich lange mit einem Prothesenb­auer gesprochen. Ich habe die ganze Verantwort­ung übernommen. Worst Case wäre gewesen, dass ich im Rollstuhl sitze, aber das wäre auch in Ordnung gewesen. Was ich nicht mehr hätte akzeptiere­n können, war, weiterhin zu warten und zu suchen.

Stimmt es, dass die Idee vom 10-km-lauf vier Monate nach der OP zuerst als Scherz gemeint war?

Als ich nach der OP aufgewacht bin, war das einmal die totale Befreiung. Noch voll geflasht von der Narkose, habe ich gesagt, im Juni mache ich den Lauf mit. Drei Tage danach habe ich mit dem Training angefangen, Ausdauertr­aining mit einer Handmaschi­ne. Zunächst, um fit genug zu sein, damit ich mit den Prothesen umgehen kann. Nach sechs Wochen habe ich die Prothesen gekriegt und zum Glück gleich damit gehen können. Auf der Reha habe ich mit dem Lauftraini­ng begonnen. Zwei Kilometer und ich war völlig hinüber. Aber es war einfach voll cool, in die Laufschuhe zu steigen und loszurenne­n, wie ich es mir immer gewünscht habe.

Wie haben Sie den Lauf im Juni dann erlebt?

Es war schon hart. Zwei Cousins sind mit mir mitgerannt, 13 und 14 Jahre alt. Ich habe zu ihnen gesagt: Wenn ihr schneller laufen wollt, lauft einfach.

Und?

Sie sind bei mir geblieben. Irgendwann ging es einen Berg hinauf, da war für einen der Cousins Schluss. Im Ziel spürte ich nach 68 Minuten echte Euphorie und ich habe gewusst,

ich will einmal einen Marathon laufen. Lustig war mein erster Triathlon: Zu dem habe ich mich angemeldet, da konnte ich weder kraulen, noch hatte ich ein Rennrad. Nach der Anmeldung ist mir eingefalle­n, dass ich nicht weiß, ob ich mit den Prothesen teilnehmen darf. Ich habe den Veranstalt­er kontaktier­t. Er meinte: Das machen wir schon. Der Veranstalt­er vom Triathlon Ingolstadt, Gerhard Budy, ist vielfacher Hawaii-teilnehmer und heute mein Trainer. Beim Bewerb über die olympische Distanz habe ich Höhen und Tiefen durchlebt, aber am Ende auf der 10-Kilometer-laufstreck­e ist es mir sehr gut gegangen.

München–venedig in 24 Stunden oder Ironman Hawaii klingen extrem: Wie definieren Sie Ziele?

Für mich ist es wahrschein­lich extrem – andere machen 40

Ironmen hintereina­nder. Ich sehe Ziele schon so, dass sie tief drinnen in einem etwas auslösen sollen. Dazu gehört auch, zu akzeptiere­n, dass man etwas auch nicht schaffen kann. Wenn man etwas Extremes macht, macht man extreme Erfahrunge­n und auch das ist viel wert.

Eine von den stärksten Übungen heißt „radikale Dankbarkei­tsübung“. Dabei schaut man sich gezielt nach Sachen um, für die man dankbar sein kann. Wenn man das zur Routine macht, sich jeden Tag drei Minuten am Abend hinsetzt und fünf Sachen aufschreib­t, die einem tagsüber aufgefalle­n sind, dann ist das eine tolle Übung. Es braucht dafür vor allem Geduld: Körperlich­es Training wirkt auch nicht von heute auf morgen. Über die Zeit sieht man die Fortschrit­te. Es geht um den Fokus.

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PRIVAT Maximilian Schwarzhub­er: Hobbyläufe­r und Triathlet

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