Mathe, filmreif erklärt
Grazer Mathematikstudenten werden filmreif. In mühevoller Arbeit produzieren sie Erklärvideos für Schüler aller Altersstufen.
Dass das Coronavirus auch ungeahnte Energien freisetzen kann, ist schon öfter beschrieben worden. Auch Grazer Lehramtsstudenten für Mathematik haben sich nun beflügeln lassen. Zunächst ungewollt, aber mit steigender Begeisterung sind sie faktisch „Youtuber“geworden, die kleine Filme produzieren.
Bernd Thaller, Mathematikprofessor an der Universität Graz und führend im Fachdidaktikzentrum Mathematik tätig, ist stolz auf seine Studenten: „Das Engagement ist enorm. Es braucht viele Stunden, bis ein fünf- bis zehnminütiges Video fertiggestellt ist.“Die Videos erklären beispielsweise die Prozentrechnung, beschäftigen sich mit dem Thema Mittelwert oder auch der Wahrscheinlichkeit. „Die Studenten erstellen zunächst ein Drehbuch, dann wird gefilmt, dann wird das durchdiskutiert und mehrmals verbessert und neu gefilmt“, sagt Thaller. Begonnen hat die Initiative eigentlich im Rahmen einer herkömmlichen Lehrveranstaltung, in der angehende Lehrer lernen sollen, mit Kleingruppen umzugehen. „Etwa im Bereich der Maturavorbereitung“, so Thaller. Tatsächlich waren bereits 100 Schüler für solche Maturakurse in der Karwoche angemeldet, als das Coronavirus alles vereitelte. usammen mit Kollegen in Wien (die bei der Aktion federführend sind) wandelte sich die ursprüngliche Initiative mit dem netten Namen „Mathematik macht Freu(n)de“plötzlich zu einer Online-aufgabe. „Wir haben den Studenten zum Teil Grafik-tablets und gute Mikrofone aus eigenen Mitteln finanziert und zur Verfügung gestellt.“Dann begannen die Mathematiker zu experimentieren: Wie erklärt man am besten ein schwieriges Thema?
Aber gibt es nicht schon ohnehin Tausende Mathematikvideos im Netz? Ja – und nein, sagt Thaller. „Es gibt sehr große Unterschiede in den Lehrplänen. In Amerika beispielsweise wird anders multipliziert als bei uns. Diese Videos sind auf unsere Verhältnisse maßgeschneidert.“ehr als 500 Videos gibt es bereits. Sie sind frei und gratis zugänglich (unter „Mathematik macht Freu(n)de“an der Universität Wien zu finden), Passwort oder Spezialsoftware sind dafür nicht notwendig. Der Erfolg ist daher groß: „An manchen Tagen haben bis zu 20.000 Schüler unsere Videos aufgerufen“, ist Thaller stolz.
ZM
Thomas Rossacher