Rassismus setzt USA in Brand
Dass es Obama einst ins Weiße Haus schaffte, hat die rassistischen Strukturen in den USA nicht beseitigt. Jetzt treffen Gewalt, Corona- und Wirtschaftskrise die Minderheiten dreifach.
Amerika ist aus den Fugen geraten. Mitten in der Coronakrise, bei der in den USA bisher mehr als 100.000 Menschen ums Leben kamen, eskaliert die rassistische Gewalt – und in der Folge die landesweiten Proteste.
„I can’t breathe“– „Ich kann nicht atmen“: Das waren die letzten Worte des Afroamerikaners George Floyd, bevor er, niedergedrückt von einem weißen Polizisten, das Bewusstsein verlor und starb. Jetzt verschlägt es dem Land nicht nur wegen Corona den Atem. Floyds letzte Worte wurden zum Schlachtruf einer Protestbewegung, der sich aus Solidarität viele Weiße anschließen – teilweise auch Polizisten. Die Wut ist enorm. Und als wäre die Lage nicht schlimm genug, gießt der Mann an der Staatsspitze Tag für Tag Öl ins Feuer. Eine Integrationsfigur, die die Gemüter beruhigen könnte, wäre notwendig – doch Donald Trump verharrt in seiner Rolle als oberster Spalter der Nation.
An den rassistischen und unfairen Strukturen, die jetzt – erneut – sichtbar werden, ist Trump nicht schuld. Sie bestanden schon lange vor ihm. Oscar
Grant, Trayvon Martin, Michael Brown, Eric Garner und jetzt George Floyd: Die Liste der Afroamerikaner, die durch weiße Polizisten ums Leben kamen, ist lang. Als 2009 mit Barack Obama erstmals ein Afroamerikaner ins Weiße Haus einzog, war die Hoffnung groß, dass alles anders würde. Sein Wahlsieg war ein historischer Durchbruch. Obama versuchte mit seiner Gesundheitsreform die Lebensbedingungen für die Ärmeren – und das sind in den USA überwiegend nicht weiße Bürger – zu verbessern. Doch die Spannungen ließen sich nicht auflösen. Obama selbst machte seine Hautfarbe kaum zum Thema; er versuchte, ein Präsident für alle zu sein. Der Aufstieg Trumps ging mit rassistischen Anschüttungen einher – er verunglimpfte Obama als „Osama“, also als Terroristen, und stellte seine Zugehörigkeit zu den USA infrage.
Obamacare abzuschaffen Trumps oberstes Ziel. ie ungleich die Verhältnisse weiterhin sind, wurde durch die Coronakrise sichtbar: Sie trifft die afroamerikanischen und hispanischen Minderheiten ungleich härter. In Minnesota, wo nun der Konflikt eskaliert, geht von den Covid-19-bedingten Spitaleinlieferungen ein Viertel auf Schwarze zurück – obwohl sie nur sieben Prozent der Gesamtbevölkerung stellen. Das mittlere Einkommen von schwarzen Haushalten betrug hier 2018 mit 38.200 Dollar weniger als die Hälfte des Einkommens weißer Haushalte. Die wirtschaftliche Benachteiligung führt zu einem ungleichen Zugang zum Gesundheitswesen, was Gesundheitsprobleme chronisch werden lässt und die Anfälligkeit für Covid-19 erhöht. Zugleich hat die Pandemie die Kluft weiter aufgerissen – die Arbeitslosigkeit trifft die schwarze Bevölkerung überproportional.
Um die Strukturen zu ändern, bräuchte es den politischen Willen dazu und Ausdauer. Im Weißen Haus mangelt es derzeit an beidem.
Wwar