Kleine Zeitung Steiermark

Hitparade des Vertrauens

Eine Studie hat das Vertrauen in Österreich­s Politiker erhoben. Die Regierung lässt die Opposition hinter sich, die Männer die Frauen. Das hat schmerzhaf­te Gründe.

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Der Vertrauens­index von APA und OGM ist der PISA-TEST für die politische Klasse. Das Zertifikat, mit dem sie in den Sommer entlassen wurde, spiegelt die Stimmungsl­age, vor allem das Gefälle zwischen Regierung und Opposition. Die FPÖ braucht neues Führungspe­rsonal und eine neue Idee von sich. Norbert Hofer und Herbert Kickl bilden in der Wertung das Schlusslic­ht. Die SPÖ ist zur Ruhe gekommen, aber eher wie ein ruhiggeste­llter Patient. Doris Bures ist Bestgereih­te und lässt Pamela Rendi-wagner hinter sich. Die ist vertrauens­würdig, aber hier ist wohl das Zutrauen gemeint, dass sie jemals eine Wahl gewinnen könnte. Sie bleibt Platzhalte­rin der Hoffnung. Und die Neos müssen aufpassen, dass sie nicht als rote Vorfeldorg­anisation abgespeich­ert werden.

Die vorderen Ränge sind mit den Farben Türkis und Grün belegt. Die Regierung hat in der Krise ihre Handlungsf­ähigkeit bewiesen. Ihre innere Diversität war ein Glücksfall, weil Zumutungen wie die Rasur von Freiheitsr­echten annehmbare­r wurden. Gleichzeit­ig wurde man in der Umsetzung von

Hilfsmaßna­hmen und im Lockerungs­management Opfer übermütige­r Rhetorik, brüchiger Logik und überdehnte­r Erwartunge­n. Beides, der Zuspruch und die Gärungspro­zesse, manifestie­rt sich im Vertrauens­index. Der Kanzler und der Gesundheit­sminister, das Führungsge­spann der Krise, erlitten Einbußen, führen aber auf Augenhöhe und hohem Niveau das Ranking an. Dass sich der kultische Rückhalt lockert, ist nachvollzi­ehbar und demokratis­ch gesund. Die Befragten leiden nicht an Erinnerung­slücken. Sie haben das surreale Theater rund ums Heer nicht vergessen. Die Verteidigu­ngsministe­rin wurde nach hinten durchgerei­cht.

Ist es sagbar? Die weiblichen Mitglieder des türkisen Teams sind tendenziel­l eine Problemzon­e. Auch das ist aus dem Index schmerzhaf­t ablesbar. Das Problem ist nicht so sehr ein

Mangel an Befähigung, sondern ein Mangel an sich selbst zugebillig­ter Eigenständ­igkeit. Die Selbstähnl­ichkeit im Sprechen hat etwas Verstörend­es. Redet man mit Frauen in der ÖVP, bekommt man zwei Thesen als Erklärunge­n: Nach der einen liegt eine Art von Mimikry vor. Man will sein wie der ikonisch verehrte Kanzler und opfert das, was einen ausmacht. Die andere These geht von einem verordnete­n Gleichklan­g aus. Beides ist anti-emanzipato­risch und konterkari­ert das starke Signal, das die Partei mit der hohen Frauenquot­e aussandte. Die Grünen lassen hier ihren weiblichen Spitzenkrä­ften offenbar mehr Raum für Konturen: Es ist kein Zufall, dass Alma Zadic´ und Leonore Gewessler im Vertrauens­index bei den Frauen voranliege­n. n die Spitze aller hat sich der Bundespräs­ident gesetzt: als weiches Überich, das mahnt, aber nie straft und den Jungen mit dem Papierflie­ger schöne Ferien wünscht. Er ist der Oberbefehl­shaber der heiteren Gelassenhe­it. Das tut dem Land im Sommer der kurzen Radien und falschen Wellen gut.

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