„Migration ist ein Blind Date“
Die Fotografin Maryam Mohammadi (41) verwandelt mit „Wir 28“die Grazer Herrengasse in eine „Frauengasse“.
Wir machen aus der Herrengasse eine Straße der Frauen“, erklärt die im Iran geborene Fotografin Maryam Mohammadi. Das Projekt „Wir 28“dürfte derzeit kaum einem Grazer entgehen: 28 Fahnen, auf denen 28 in Österreich lebende Frauen aus 28 Eu-ländern zu sehen sind. Großbritannien noch eingeschlossen.
Die Porträts zieren anlässlich des 25. Jahrestags von Österreichs Eu-beitritt noch bis Sonntag die Herrengasse und den Hauptplatz. Geplant war, in der Steiermark Frauen aus allen Eu-ländern zu finden. Gesucht wurde im Bekanntenkreis, über lokale Vereine und soziale Medien. Bei Malta und Zypern wurde die Fotografin jedoch nur in Wien fündig.
Mohammadi selbst ist 2009 für ihr Studium nach Graz gekommen – und geblieben. In der Stadt hielten sie die lebendige Kunstszene und die Liebe. „Ich bin eine Steirerin, aber auch eine iranische Künstlerin“, meint sie. Ihre Heimatstadt ist Teheran, eine Metro
pole. Das viel beschaulichere Graz habe ihren Lebensstil von Grund auf verändert.
G emeinsam mit Joachim Hainzl arbeitet Mohammadi im Verein Xenos an Projekten mit dem Fokus auf Migration und Frauen. „Europa ist eine Frau“, stellt sie klar und bezieht sich dabei auf die mythologische Figur. Um die Buntheit der europäischen Gesellschaft aufzuzeigen, wählten Hainzl und sie für „Wir 28“Frauenporträts. „In der Kunst kommen auf eine Frau hundert Männer“, erzählt sie, deshalb sei es wichtig, Frauen eine Plattform zu bieten. Die Kunstgeschichte sei männlich dominiert und Mohammadi möchte dies mit ihrer Kunst verändern. Ihre Arbeit bezeichnet sie als „Staged“-fotografie, denn das Atelier ist ihre Bühne. Das heißt, sie dokumentiert nicht, sondern erzählt auf einem Konzept basierende Geschichten mit gesellschaftskritischem Hintergrund.
Im Laufe ihres Lebens hat Mohammadi viele europäische Städte bereist. „Migration ist für mich wie ein Blind Date“, erklärt sie. In jedem neuen Land wüsste man nie, was kommt. Aufgrund ihrer Herkunft hat sie jedoch auch negative Erfahrungen gemacht: Mohammadi hat von Diskriminierung bei Behörden bis hin zu Beleidigungen im öffentlichen Raum alles erlebt. Für die Zukunft würde sie sich deshalb eines wünschen: „Ich wünschte, wir könnten nur für einen Tag alle Vorurteile vergessen. Ich wünschte, wir könnten einander offen begegnen und kennenlernen. Wir sind doch alle gleich.“