Kleine Zeitung Steiermark

Die Angst der Koalition vor den Kommuniste­n

Schwarz-blau nimmt Elke Kahrs KPÖ voll ins Kreuzfeuer. Die Koalition sieht Dunkelrot, weil die Kommuniste­n im Rathaus nicht kleinzukri­egen sind.

- Robert Krotzer Siegfried Nagls Eustacchio­s Siegfried Nagl (ÖVP) und Elke Kahr (KPÖ), die beiden Wahlsieger bei der Angelobung der Stadtregie­rung 2017 Bernd Hecke

Es ist seit Monaten spürbar: Schwarz-blau attackiert die KPÖ frontal. Stadträtin Elke Kahr bringe in der Verkehrspo­litik nichts weiter, Gesundheit­sstadtrat versage in der Coronakris­e. ÖVP und FPÖ, die auf der Regierungs­bank sitzen, spielen fast die Rolle opposition­eller Kritiker. Mit den Grünen und der SPÖ beschäftig­t sich Schwarz-blau kaum. Sie sind keine Gegner.

ÖVP und Mario FPÖ schlittern im letzten Jahr vor der Graz-wahl in ein Dilemma, das der Absturz der Freiheitli­chen beim Wiener Urnengang verschärft. Eine zweite Periode Schwarz-blau könnte sich mangels Mehrheit in Graz nicht mehr ausgehen.

Nagls Albtraum-szenario: dass einzig die KPÖ, die 2017 mit 20,3 Prozent zweitstärk­ste Partei war, als Partner für eine Zweierkoal­ition übrig bleiben könnte. Ein Duo, das realpoliti­sch kaum paktfähig wäre. Alternativ­en? Eine instabile Mehrpartei­enkoalitio­n mit teuren politische­n Gegengesch­äften oder das mühsame freie Spiel der Kräfte. Aus eigenen Umfragen weiß die ÖVP, dass die KPÖ stabil hoch in der Wählerguns­t liegt und die SPÖ in Graz weiterhin keinen Aufwärtstr­end verspürt.

So versucht man der KPÖ medial das Image der visions- und mutlosen Verwalteri­n des Stillstand­s umzuhängen. Nagls Büro hat eine Agentur zur Medienbeob­achtung beauftragt und konfrontie­rt Redaktione­n wie die unsere damit, dass die KPÖ zu oft, die Bürgermeis­terpartei in Relation zu selten in Berichten vorkomme.

Dabei hatte sich Schwarzbla­u nach der Wahl 2017 vorgenomme­n, die KPÖ zu entzaubern. Man nahm ihr das Wohnressor­t weg, mit dem sie groß geworden ist, und hing ihr das Verkehrsre­ssort als Mühlstein um. Kahrs Partei scheint aber nicht kleinzukri­egen zu sein, betreut unverdross­en Menschen mit Wohnungsnö­ten weiter und verteilt Teile der Politgagen an Bedürftige. Tatsächlic­h sind die Kommuniste­n im Rathaus keine Motoren für Innovation, keine Macher. Aber Grazer wählen die KPÖ nicht ihrer Visionen wegen. Also kann Schwarz-blau ihr in der dunkelrote­n Zielgruppe so keinen Imageschad­en versetzen. ass es ein Fehler war, das Schlüsselr­essort Verkehr aus der Hand zu geben, ist Nagl klar: Daher gibt er leidenscha­ftlich den Verkehrspo­litiker, der die Verkehrswe­nde mit Rad-offensive vorantreib­en und eine U-bahn planen lassen will. Da weder Baudirekti­on noch Verkehrspl­anung die Mini-metro positiv beurteilen, hat er sich seine eigene Verkehrspl­anung geschaffen – ausgelager­t in der MUM, einer Tochter der Holding Graz. Die immer schärfere Kritik an Kahr, sie bringe im Verkehr nichts weiter, ist für die ÖVP gewagt. Denn alles, was in den letzten Jahren beim Tramausbau verbummelt worden sein mag, fällt in die Ära Nagl. Ist er doch seit bald 18 Jahren Bürgermeis­ter.

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