„Wir erleben das verrückteste Wahljahr“
Trevor Traina, Us-botschafter in Wien, denkt nicht daran, Koffer zu packen. Er verteidigt Donald Trumps Coronapolitik und sieht ihn in Wahlumfrage sogar vor Joe Biden.
SLaw and Order. Von einer Minute auf die andere schien alles dahin zu sein. Natürlich war jeder besorgt, als der Präsident und nahe Personen das Virus bekamen. Alle waren erstaunt, wie rasch er sich erholt hat, auch dank neuer Therapien.
Kritik, dass er sofort wieder öffentlich wahlkämpfte, teilen Sie?
Der Präsident liebt Action und arbeitet hart. Wie soll man nicht am aktivsten sein, wenn die Zukunft entschieden wird?!
Viele sagten, nun trifft es den, der die Gefahr kleingeredet hat.
Es ist ein Wahljahr und für die Opposition ist Corona das letzte Thema, das sie pushen kann. Im Jänner schloss der Präsident die Grenze zu China und wurde dafür kritisiert. Er riet zur Vorsicht, die WHO sagte, keine Sorge, keine Masken nötig.
210.000 Coronatote und 7,8 Millionen Infizierte sind kein Erfolg.
Wir haben 330 Millionen Einwohner. Die Pro-kopf-todesrate in den USA ist geringer als in Frankreich, Spanien und Italien. Mehr als 25 Prozent der Todesfälle wurden der Manhattanarea zugezählt. Gouverneur Andrew Cuomo sandte Infizierte zurück in Pflegeheime. Das ist alles sehr tragisch.
Was sagen Sie zum Ansteigen der Infektionen in Österreich?
hat einen sehr guten Job gemacht. Sogar hier besteht die Gefahr einer neuen Welle. In Europa haben die Länder einzeln gehandelt und Grenzen dicht gemacht, sogar den Brennerpass. In den USA können die Staaten das nicht tun. Kalifornien, woher ich stamme, hatte einen sehr frühen Lockdown und strenge Maßnahmen, aber dennoch eine hohe Todesrate.
Amerika hat eine hoch digitalisierte Wirtschaft. Einer meiner größten Wünsche für Europa ist, dass es digital zu den USA und China aufschließt.
Digitale Konzerne müssten hier halt auch faire Steuern zahlen.
Die EU ist leider ein unfreundlicher Boden für eigene digitale Champions. Die Spotifys können wir an einer Hand abzählen. Wirecard gibt zu denken. In den USA läuft die Wirtschaft in vielen Teilen relativ normal.
Dass Kalifornien noch weitgehend Lockdown hat, ist nicht die Entscheidung Trumps. Und das ist die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt. Aber ich bin optimistisch für die USA.
Die Us-börsen erzielen Rekorde. Wieso sind diese völlig abgekoppelt von der Realwirtschaft?
Ich glaube, die Wirtschaft ist besser, als sie wahrgenommen wird. Goldman Sachs und Microsoft haben erstaunliche Erfolgszahlen, die Kurse zeigen Zuversicht für die Zukunft an.
Disney will 12.000 Leute feuern. Klingt nicht nach Entertainment.
Disney hat Themenparks, aber es macht digital gutes Business.
Der nächste Präsident muss Corona und Arbeitslosigkeit bekämpfen, aber nach Rassismus und Gewalt auch die Nation einen.
Und noch ein Thema mehr lösen: China. Lange schien es liberaler zu werden. Aber von Hongkong bis Himalaja sehen wir ein China, das man bremsen muss, ehe es übermächtig wird. Bei Russland ist dafür auch Europa gefordert. Als Us-diplomat in Europa blicke ich auch auf Konfliktherde wie Serbien und Kosovo oder Nordmazedonien. Dort wäre das von Uspräsident Woodrow Wilson vor 100 Jahren bejahte Referendum in Südkärnten ein Vorbild.
Den Botschafter nominiert immer der Präsident. Haben Sie die Koffer in Wien schon gepackt?
(Lacht). Nein. Ich wurde anoösterreich nym von allen 100 Senatoren bestätigt. Ich diene Amerika ohne politischen Einfluss, um Österreich und die USA einander näherzubringen. Solange mich Amerika benötigt, bin ich glücklich, den Job zu machen.