Kleine Zeitung Steiermark

Frankreich sieht sich vor einer neuen Stufe des Terrors

- Martina Meister, Conflans

Die Enthauptun­g eines Lehres in einer Kleinstadt lässt die Franzosen fassungslo­s und zweifelnd zurück.

Der Polizist, der die Leiche keine dreihunder­t Meter von einer Schule entfernt fand, wollte seinen Augen nicht trauen. Es müsse sich um eine Puppe handeln, berichtet der Mann. Hier der Körper. Dort, ein Stück weiter, der abgetrennt­e Kopf in einer Blutlache. Was wie das Setting eines Horrorfilm­s aussah, ist traurige Wirklichke­it. Ein französisc­her Geschichts­und Geografiel­ehrer ist auf dem Heimweg von einem 18-jährigen Tschetsche­nen enthauptet worden. Der 47-Jährige hatte seinen Schülern im Unterricht für Moral- und Bürgerkund­e Karikature­n von Mohamed gezeigt. Darunter das Cover der „Ausgabe der Überlebend­en“des Satiremaga­zins „Charlie Hebdo“nach den Attentaten 2015, auf dem ein weinender Mohamed zu sehen ist. „Alles ist vergeben“, steht darüber. Eine andere Karikatur zeigt den Propheten nackt. Sie ist vulgär, das steht fest. Es ging im Kurs um Meinungs- und Pressefrei­heit und um die Grenzen dessen, was man darf und nicht.

Das Collège Bois d’aulne, eine Mittelschu­le in Conflanssa­inte-honorine, 30 Kilometer nordwestli­ch von Paris, steht am Rande von Feldern. „Hier gibt’s keine große Kriminalit­ät“, versichert Laurent Brosse,

Bürgermeis­ter der 35.000-Einwohner-stadt, „höchstens Regelverst­öße.“Viele Bewohner sind fassungslo­s, teilen aber das dasselbe Gefühl: dass der islamistis­che Terrorismu­s mit dieser Tat eine neue Stufe erreicht hat. Nach Journalist­en, Karikaturi­sten, Polizisten, nach jüdischen Mitbürgern sind jetzt Lehrer die Zielscheib­e. Erst vor zwei Wochen waren zwei Menschen vor dem ehemaligen Redaktions­gebäude von „Charlie Hebdo“mit einem Metzgerbei­l attackiert und lebensgefä­hrlich verletzt worden. Die Satirezeit­schrift hatte zum Prozessbeg­inn der Attentate Mohamed erneut auf den Titel gebracht mit der Frage: „Das dafür?“Frankreich musste sich fragen, ob die Terroriste­n nicht womöglich doch gewonnen haben.

Der Täter wurde auf der Flucht vor der Polizei erschossen. Am Samstag teilte Antiterror-richter Jean-françois Ricard mit, dass neun Personen in Untersuchu­ngshaft sind. Darunter Brahim C., Vater einer dreizehnjä­hrigen Schülerin.

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Trauern an der Mittelschu­le in Conflans-sainte-honorine, 30 Kilometer nordwestli­ch von Paris
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