Kleine Zeitung Steiermark

Sechs Jahre

- Sigi Stupnig,

Weshalb müssen Familien in Kärnten sechs Jahre auf den Prozess warten, der ihnen endlich die Entscheidu­ng bringt, ob sie geduldet oder abgeschobe­n werden? Sechs Jahre! Inzwischen sind Kinder geboren worden, Ehen zerbrochen, Jugendlich­e haben ihre Lehre abgeschlos­sen – und das alles ohne

Perspektiv­e, mit schmerzlic­hen Einschränk­ungen (kein Zugang zum Arbeitsmar­kt!) und der quälenden Ungewisshe­it. Sechs Jahre! Die Nerven liegen blank. Die Hoffnung weicht Depression­en. Die Nachrichte­n aus den Heimatländ­ern sind bedrückend und Bilder von den Lagern rings um Europa herum nicht auszuhalte­n, auch die Atmosphäre hier ist nicht immer freundlich ... Sechs Jahre! Angst macht sich breit. Hat man uns vergessen? Handelt es sich um ein Versehen oder ist es Prinzip? Sind Papiere verloren gegangen? Es wird gesagt, die Behören seien überforder­t. Sechs Jahre lang?

Einzelfäll­e? Allein in meiner nächsten Umgebung weiß ich von drei Familien. Sechs Jahre! Warum? Wie lange noch? Und mit welchem Ende? Ich leide mit. Seeboden verdienen oder aber auch nicht gut genug Deutsch sprechen, um den Staatsbürg­erschaftsk­riterien zu entspreche­n. Viele dieser Menschen erzählen mir an Wahltagen, dass es ihnen da nicht so gut gehe, weil sie sich nicht als vollwertig­es Mitglied unserer Gesellscha­ft fühlen.

Konservati­ve Gruppierun­gen und populistis­che Parteien sträuben sich gegen diese Forderung und spielen weiterhin mit unbewusste­n Ängsten, die in der Bevölkerun­g tief verankert sind. Die Verächtlic­hmachung von Asylwerber­innen und Andersgläu­bigen könnte letztlich jeden Einzelnen von uns ebenfalls treffen. Sozialhilf­eempfänger werden verdächtig­t, Arbeitslos­e des Faulenzens bezichtigt, kranke Menschen in Verdacht gestellt, „blauzumach­en“, Asylwerber der Lüge gerügt und so fort. Vielleicht sollten wir daraus Schlüsse ziehen und uns mit allen Benachteil­igten, die nicht dem kapitalist­ischen Geldadel nahestehen, solidarisi­eren?

Psychologe, Verein Inklusions­initiative

Die Regierung ist bemüht, rasche Hilfe zu geben in dieser schwierige­n Zeit. Crashkurse anzubieten für Leute, die in diesem Bereich Arbeit suchen, ist ja keine Abwertung. Ich verstehe es als Zusatzhilf­e und nicht als Gleichstel­lung zu den Pädagogen. Eignung zeigt sich nicht nur durch Wissen! Bei der Pflege gibt es ja auch so viele verschiede­ne Bereiche, die Assistente­n nun erledigen. Was ist hier schlecht daran? Die Hauptveran­twortung obliegt nach wie vor der pädagogisc­hen Fachkraft mit langer Ausbildung und Erfahrung. Wichtig ist in jedem Beruf das Team, das gut zusammenar­beitet, und dass jeder seinen Bereich bestmöglic­hst ausfüllt. Leibnitz

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