Offene Türen nur noch für Geimpfte?
Sobald die Impfung zur Verfügung steht, könnten Geschäfte auf die Idee kommen, nur noch Immunisierte zu bedienen.
Was passiert, wenn es im kommenden Jahr eine Corona-impfung geben sollte – und es angesichts eines langsam steigenden Anteils an Immunisierten in Österreich plötzlich ein Geschäftsmodell wird, mit „Zutritt nur für Geimpfte“zu werben? Für viele Betriebe könnte das attraktiv sein – Hotels, Restaurants, Bars, Clubs oder Fitnessstudios könnten sich überlegen, am Eingang eine Impfbestätigung zu fordern, wie es unter den Fluglinien etwa bereits die australische Fluglinie Air Qantas diese Woche angekündigt hat.
Rechtlich steht dem in Österreich derzeit nicht viel entgegen. „Grundsätzlich herrscht bei uns Privatautonomie“, sagt Juristin Theresa Kamp von der Wiener Anwaltskanzlei Law and Beyond, „das heißt, dass sich jeder aussuchen kann, mit wem er Geschäfte macht“– wenn ein Händler oder Hotelier also von seinen Kunden einforderte, sie müssten einen Impfnachweis vorlegen, um bei ihm einzukaufen bzw. bei ihm zu übernachten, sei das zunächst
Je näher ich vom privaten Bereich in
den staatlichen komme, desto besser
müsste ich begründen, nicht geimpfte Personen von Leistungen auszuschließen.
Professor für Medizinrecht einmal sein gutes Recht. Eine wichtige Ausnahme, das Gleichbehandlungsgesetz, greift zum Beispiel, wenn jemandem seines Geschlechts oder seiner ethnischen Zugehörigkeit wegen Geschäfte verweigert werden, sagt Kamp – Impfgegner würden dadurch jedenfalls nicht geschützt.
Eine weitere Ausnahme könnte in manchen Fällen aber wohl zum Tragen kommen: Im Fall eines Monopols gibt es unter bestimmten Umständen einen „Kontrahierungszwang“auch für private Unternehmen, mit Kunden Geschäfte zu machen. So darf das einzige Le
in einem abgelegenen Ort oder die einzige Airline zu einer bestimmten Destination sich nur aus triftigen Gründen weigern, jemanden als Kunden anzunehmen.
Will sich jemand nicht impfen lassen und wird dann von einem solchen Geschäft abgelehnt, das auf einem Impfzertifikat besteht, könnte er eine zivilrechtliche Klage einbringen – das Gericht muss dann klären, ob erstens tatsächlich ein Monopol vorliegt und ob zweitens die Ablehnung Ungeimpfter sachlich gerechtfertigt ist.
Karl Stöger, Professor für Medizinrecht an der Universität Wien, verweist in diesen Fällen auf die Möglichkeit, dass sich Betriebe über gelindere Mittel absichern könnten. Wer etwa im Rahmen eines Covid-19-präventionskonzepts Kunden die Wahl lasse, entweder eine Impfbestätigung vorzulegen oder einen Schnelltest zu absolvieren, sollte auf der sicheren Seite stehen.
auch staatlichen Institutionen: „Klar ist: Je näher ich vom privaten Bereich an den Staat rücke, desto besser müsste ich begründen, nicht Geimpfte von Leistungen auszuschließen.“So sei praktisch undenkbar, dass hoheitliche Vorgänge wie das Ausstellen eines Reisepasses – was wegen der Abnahme des Fingerabdrucks nur im Amt passieren kann – nur Immunisierten vorbehalten sind. „Der Staat sind wir alle, für ihn gilt der Gleichbensmittelgeschäft
heitsgrundsatz“, sagt Stöger. Wenn eine Behörde Ungeimpfte anders behandeln will, braucht sie dafür eine solide sachliche Begründung – und da ein frischer negativer Coronaschnelltest ebenfalls hohe Sicherheit biete, müsste ein Amt wohl zumindest diese Alterna
jedenfalls Auswirkungen haben kann: an Staatsgrenzen. Grundsätzlich könnte jeder Staat Regeln aufstellen, wer bei ihm einreisen darf, so der Wiener Völkerrechtler Ralph Janík. So schreiben derzeit mehrere afrikanische Länder vor, dass man für die Einreise eine Gelbfieberimpfung benötigt.
Bei Reisen von Eu-bürgern in der Europäischen Union stehe dem jedoch der Grundsatz der Reisefreiheit entgegen, sagt Janík: Würde also beispielsweise ein Eu-staat nur noch Österreicher mit Impfnachweis einlassen, könnte das in weiterer Folge ein Fall für den EUGH werden. Ob die Kommission dagegen aktiv würde, ist freilich wieder eine politische Frage.