Kleine Zeitung Steiermark

Offene Türen nur noch für Geimpfte?

- Von Georg Renner Karl Stöger, Ähnliches empfiehlt Stöger

Sobald die Impfung zur Verfügung steht, könnten Geschäfte auf die Idee kommen, nur noch Immunisier­te zu bedienen.

Was passiert, wenn es im kommenden Jahr eine Corona-impfung geben sollte – und es angesichts eines langsam steigenden Anteils an Immunisier­ten in Österreich plötzlich ein Geschäftsm­odell wird, mit „Zutritt nur für Geimpfte“zu werben? Für viele Betriebe könnte das attraktiv sein – Hotels, Restaurant­s, Bars, Clubs oder Fitnessstu­dios könnten sich überlegen, am Eingang eine Impfbestät­igung zu fordern, wie es unter den Fluglinien etwa bereits die australisc­he Fluglinie Air Qantas diese Woche angekündig­t hat.

Rechtlich steht dem in Österreich derzeit nicht viel entgegen. „Grundsätzl­ich herrscht bei uns Privatauto­nomie“, sagt Juristin Theresa Kamp von der Wiener Anwaltskan­zlei Law and Beyond, „das heißt, dass sich jeder aussuchen kann, mit wem er Geschäfte macht“– wenn ein Händler oder Hotelier also von seinen Kunden einfordert­e, sie müssten einen Impfnachwe­is vorlegen, um bei ihm einzukaufe­n bzw. bei ihm zu übernachte­n, sei das zunächst

Je näher ich vom privaten Bereich in

den staatliche­n komme, desto besser

müsste ich begründen, nicht geimpfte Personen von Leistungen auszuschli­eßen.

Professor für Medizinrec­ht einmal sein gutes Recht. Eine wichtige Ausnahme, das Gleichbeha­ndlungsges­etz, greift zum Beispiel, wenn jemandem seines Geschlecht­s oder seiner ethnischen Zugehörigk­eit wegen Geschäfte verweigert werden, sagt Kamp – Impfgegner würden dadurch jedenfalls nicht geschützt.

Eine weitere Ausnahme könnte in manchen Fällen aber wohl zum Tragen kommen: Im Fall eines Monopols gibt es unter bestimmten Umständen einen „Kontrahier­ungszwang“auch für private Unternehme­n, mit Kunden Geschäfte zu machen. So darf das einzige Le

in einem abgelegene­n Ort oder die einzige Airline zu einer bestimmten Destinatio­n sich nur aus triftigen Gründen weigern, jemanden als Kunden anzunehmen.

Will sich jemand nicht impfen lassen und wird dann von einem solchen Geschäft abgelehnt, das auf einem Impfzertif­ikat besteht, könnte er eine zivilrecht­liche Klage einbringen – das Gericht muss dann klären, ob erstens tatsächlic­h ein Monopol vorliegt und ob zweitens die Ablehnung Ungeimpfte­r sachlich gerechtfer­tigt ist.

Karl Stöger, Professor für Medizinrec­ht an der Universitä­t Wien, verweist in diesen Fällen auf die Möglichkei­t, dass sich Betriebe über gelindere Mittel absichern könnten. Wer etwa im Rahmen eines Covid-19-prävention­skonzepts Kunden die Wahl lasse, entweder eine Impfbestät­igung vorzulegen oder einen Schnelltes­t zu absolviere­n, sollte auf der sicheren Seite stehen.

auch staatliche­n Institutio­nen: „Klar ist: Je näher ich vom privaten Bereich an den Staat rücke, desto besser müsste ich begründen, nicht Geimpfte von Leistungen auszuschli­eßen.“So sei praktisch undenkbar, dass hoheitlich­e Vorgänge wie das Ausstellen eines Reisepasse­s – was wegen der Abnahme des Fingerabdr­ucks nur im Amt passieren kann – nur Immunisier­ten vorbehalte­n sind. „Der Staat sind wir alle, für ihn gilt der Gleichbens­mittelgesc­häft

heitsgrund­satz“, sagt Stöger. Wenn eine Behörde Ungeimpfte anders behandeln will, braucht sie dafür eine solide sachliche Begründung – und da ein frischer negativer Coronaschn­elltest ebenfalls hohe Sicherheit biete, müsste ein Amt wohl zumindest diese Alterna

jedenfalls Auswirkung­en haben kann: an Staatsgren­zen. Grundsätzl­ich könnte jeder Staat Regeln aufstellen, wer bei ihm einreisen darf, so der Wiener Völkerrech­tler Ralph Janík. So schreiben derzeit mehrere afrikanisc­he Länder vor, dass man für die Einreise eine Gelbfieber­impfung benötigt.

Bei Reisen von Eu-bürgern in der Europäisch­en Union stehe dem jedoch der Grundsatz der Reisefreih­eit entgegen, sagt Janík: Würde also beispielsw­eise ein Eu-staat nur noch Österreich­er mit Impfnachwe­is einlassen, könnte das in weiterer Folge ein Fall für den EUGH werden. Ob die Kommission dagegen aktiv würde, ist freilich wieder eine politische Frage.

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ADOBE STOCK Grundsätzl­ich könnte jeder Betrieb in Österreich entscheide­n, nur mit Geimpften Geschäften zu machen – außer, er ist Monopolist
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