Kleine Zeitung Steiermark

Hilfe über Grenzen hinweg

Martin Silly (19) aus Graz leistet seinen Zivilersat­zdienst – trotz Coronakris­e – in der jüdischen Gemeinde von Prag ab.

- Von Raphael Ofner

Den Wunsch vom Auslandsau­fenthalt nach dem Schulabsch­luss hatte Martin Silly schon lange gehegt. Einzig die Umstände sollten sich dann aber anders gestalten als erwartet. Seit Anfang Oktober leistet der 19-jährige Grazer seinen Zivilersat­zdienst in Prag ab – jener Stadt, die über Wochen ein Epizentrum der Corona-pandemie war und weiter stark betroffen ist.

Den Schritt, trotz der Coronakris­e alleine nach Tschechien zu gehen, bereut Silly aber keineswegs. „Gerade in der jetzigen so schwierige­n Lage ist es umso wichtiger, Menschen zu helfen. Und man merkt, dass die Hilfe hier wirklich benötigt wird“, ist der Absolvent der Handelsaka­demie Grazbachga­sse überzeugt. Über den Österreich­ischen Auslandsdi­enst, der sich unter anderem sozialen Belangen sowie dem Gedenken an die Verbrechen des Holocaust verschrieb­en hat, ist er mitten in der Krise in der jüdischen Gemeinde von Prag aktiv – „immer dort, wo ich gerade gebraucht werde“. m ersten Tag, an dem er eigentlich bei der Betreuung in einer Schule aushelfen sollte, wurde er kurzerhand in die Küche beordert. „Das gesamte Team der Kantine war in Quarantäne. Da musste ich dann eben zwei Stunden lang Erdäpfel schälen.“

Kurze Zeit später wurden sämtliche Schulen und Kindergärt­en geschlosse­n, ein Essensaust­räger der jüdischen Gemeinde musste daher bei seinen Kindern zu Hause bleiben. Wieder war Silly der Ein

Aspringer und lieferte in Folge mehrere Wochen lang warme Mahlzeiten an ältere Menschen aus. „Manche davon sind so dement oder körperlich beeinträch­tigt, dass sie die Wohnung nicht mehr verlassen können, andere müssen zum Schutz vor dem Virus zu Hause bleiben.“Die Dankbarkei­t für die Hilfe und für kurze Gespräche sei entspreche­nd groß. „Eine ältere Frau hat sich so gefreut, dass sie mir etwas zum Naschen zugesteckt hat.“eit Kurzem gibt es für erste und zweite Volksschul­klassen nun wieder Präsenzunt­erricht. Silly

Sist daher aktuell in der Nachmittag­sbetreuung aktiv, wo es aufgrund von Krankheits­fällen und Absonderun­gen ebenfalls zu Personalkn­appheit kommt. Die jüdischen Kinder stört das aber ohnehin nur wenig. Sie sind von ihrem jungen Aufpasser aus Österreich begeistert. „Manchmal streiten sie sogar darüber, wer meine Hand halten darf“, erzählt der Grazer gerührt. Es seien jene Momente, die er mitnehmen wolle von seinem außergewöh­nlichen Auslandsdi­enst.

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KK In Thermoboxe­n lieferte Martin Silly Essen an ältere Menschen aus

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