Kleine Zeitung Steiermark

(K)ein würdiger Abschied

- Horst Stangl, Edda Böhm, Bernd Schlögl, BA,

Zwei Schlüssele­rlebnisse zur Untermauer­ung meiner positiven Einstellun­g zum selbstbest­immten Sterben: Mein Vater bekam mit 60 Jahren Krebs. Er absolviert­e die gesamte Palette der schulmediz­inischen Therapien. Ergebnis: Zusehends verkümmert­e er körperlich und seelisch. Sobald Mutter das Essen zu Tisch brachte, stand er auf, ging zur Toilette, um sich dort zu übergeben. Nächtens, wenn er wieder einmal nicht schlafen konnte, saß er im Bett und weinte. Das ging zwei lange Jahre so. Mit 62 Jahren, viel zu jung, konnte mein Vater endlich sterben. Auch ein Onkel von mir verstarb an Krebs. Als er vom Arzt nach Hause kam, sagte er erfreut: „Der Herr Doktor hat mir dieses Medikament gegeben. Er sagte, damit werde ich den ganzen Tag schmerzfre­i sein.“Doch bereits nach einer Stunde kam er aus seinem Zimmer, krümmte sich vor Schmerzen und war verzweifel­t, dass dieses Medikament nun auch nicht helfen konnte.

Das Sterben dieser beiden Männer war kein würdiger Abschied. Ich hatte bisher ein recht schönes Leben. Ebenso möchte ich es beenden. Wir müssen auch nicht unbedingt die Ärzte dazu nötigen, diese Verantwort­ung zu übernehmen. Ich übernehme sie selbst!

Wien

Es tut gut, positive, menschenve­rbindende Sichtweise­n in Zeiten individual­isierungsg­etriebener Ich-standpunkt­e dargestell­t zu bekommen. Rücksichtn­ahme und Einsicht hängen wohl zusammen. Ergänzend in dieser Frage der besonderen Schutzwürd­igkeit älterer Menschen muss gesagt werden, dass ja auch jüngere in diese Situation kommen. Ich bin 64 und wegen eines gut behandelba­ren, aber unheilbare­n Karzinoms mit Immunsuppr­ession in Dauerbehan­dlung, habe COPD und eine Herzschwäc­he. Ich stehe aber weiterhin im Beruf. Covid-19 – besser nicht. So sehr ich manchmal ältere Mitmensche­n wegen ihrer Ansprüche sogar verurteile, genauso steht für mich außer Zweifel, dass allen Menschen ohne Unterschie­d Zeit ihres Lebens die bestmöglic­he medizinisc­he Versorgung zukommen muss.

Graz

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