Kleine Zeitung Steiermark

Chimäre Demokratie

- Johann Gaisbacher, David Pacher,

Mit Entsetzen habe ich die Leserbrief­e gelesen, deren Tenor die Anprangeru­ng wichtiger Opposition­sarbeit ist. Es wurde SPÖ, Neos und FPÖ nahegelegt, doch bitte kritische Stimmen bis zum Ende der Pandemie für sich zu behalten. Dass wir in einer „Reißts euch zusammen“mentalität seit Monaten eben das vergessen, was unsere Demokratie ausmacht, ist äußerst bedenklich. Dass die Sorge um unsere Verfassung, die durch Gesetze und Verordnung­en der Regierung augenschei­nlich dradie matisch in Mitleidens­chaft gezogen wird, zu einem Luxusprobl­em geworden ist und darauf verwiesen wird, der Regierung müsse uneingesch­ränkter Spielraum zur Bekämpfung von Covid-19 eingeräumt werden, erschütter­t mich zutiefst. Jene, die der Meinung sind, die Opposition solle in einer Krise ihre Kritik für sich behalten, zeigen, dass sie das Wort „Opposition“nicht verstanden haben. Wann, wenn nicht jetzt, muss mit Argusaugen beobachtet und jede Einschränk­ung unserer Grundrecht­e bis ins Detail aufgearbei­tet werden? Demokratie darf nicht zu einer Chimäre verkommen. Die Übergehung der Opposition und die Einschränk­ung der Grundrecht­e mag die Politik eines Viktor Orbán, darf aber nicht der Anspruch eines österreich­ischen Bundeskanz­lers sein. Judenburg

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