Wann, wenn nicht jetzt, muss der Staat funktionieren?
Die Pandemie hat uns im Griff. Sie zeigt die Stärken, aber auch die Schwächen unserer Gesellschaft schonungslos auf. Sie gibt uns aber auch tiefe Einblicke ins Innerste mancher handelnder Personen. Die Diskussion um die Frage, ob oder wann führende Verantwortungsträger sich impfen lassen sollen, ist so ein Beispiel – um ja nicht falsch verstanden zu werden, ich meine damit Mitglieder von Bundes- und Landesregierungen.
Der Vorstoß des steirischen Landeshauptmanns und seines Stellvertreters, sich und die Mitglieder der Landesregierung in Bälde impfen zu lassen, wird auf allen Ebenen diskutiert.
Eigentlich ist es eine „No-win“-debatte. Lassen sich Politiker impfen, wird ein Teil der Bevölkerung sagen: „Eh klar, schon wieder Privilegien.“Lassen sie sich nicht impfen, werden viele sagen: „Eh klar, erst soll die Bevölkerung als Versuchskaninchen herhalten, weil sie selber das Risiko nicht eingehen wollen.“
Wäre es nicht an der Zeit, das Selbstverständnis von Politikern zu diskutieren? Eine Demokratie lebt davon, gewählte Vertreter in Exekutive und Legislative zu haben. Würden Mitglieder von Bundes-und Landesregierungen in einer solchen Ausnahmesituation sich selbst NICHT als „systemrelevant“einstufen, wäre das eine fatale Logik.
Selbstverständlich müssen unsere Alten und alle besonders Gefährdeten so rasch als möglich geschützt werden. Genauso selbstverständlich müssen aber auch jene, die das Gesundheitssystem aufrechterhalten – Ärzte, Pflege –, zuallererst geschützt werden. Ebenfalls aber auch jene, die die Verantwortung dafür tragen, welche Maßnahmen zur Bewältigung der Pandemie und ihrer Folgen gesetzt werden, und das sind eben auch an vorderster Front führende politische Entscheidungsträger – unabhängig davon, ob man ihre aktuellen Handlungen als richtig oder falsch empfindet. ann, wenn nicht jetzt, brauchen wir funktionierende staatliche Systeme, Organisationen und handelnde Personen? Diese Tatsache ist unverrückbar, auch wenn sich der eine oder andere Trittbrettfahrer im Windschatten einen Vorteil erschleicht.
war Landesrat der SPÖ in der Steiermark und ist heute als Manager tätig
„Würden Mitglieder von Bundesund Landesregierungen sich in so einer Notsituation nicht als systemrelevanteinstufen, wäre das fatal.“
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