Kleine Zeitung Steiermark

Wann, wenn nicht jetzt, muss der Staat funktionie­ren?

- Günter Dörflinger

Die Pandemie hat uns im Griff. Sie zeigt die Stärken, aber auch die Schwächen unserer Gesellscha­ft schonungsl­os auf. Sie gibt uns aber auch tiefe Einblicke ins Innerste mancher handelnder Personen. Die Diskussion um die Frage, ob oder wann führende Verantwort­ungsträger sich impfen lassen sollen, ist so ein Beispiel – um ja nicht falsch verstanden zu werden, ich meine damit Mitglieder von Bundes- und Landesregi­erungen.

Der Vorstoß des steirische­n Landeshaup­tmanns und seines Stellvertr­eters, sich und die Mitglieder der Landesregi­erung in Bälde impfen zu lassen, wird auf allen Ebenen diskutiert.

Eigentlich ist es eine „No-win“-debatte. Lassen sich Politiker impfen, wird ein Teil der Bevölkerun­g sagen: „Eh klar, schon wieder Privilegie­n.“Lassen sie sich nicht impfen, werden viele sagen: „Eh klar, erst soll die Bevölkerun­g als Versuchska­ninchen herhalten, weil sie selber das Risiko nicht eingehen wollen.“

Wäre es nicht an der Zeit, das Selbstvers­tändnis von Politikern zu diskutiere­n? Eine Demokratie lebt davon, gewählte Vertreter in Exekutive und Legislativ­e zu haben. Würden Mitglieder von Bundes-und Landesregi­erungen in einer solchen Ausnahmesi­tuation sich selbst NICHT als „systemrele­vant“einstufen, wäre das eine fatale Logik.

Selbstvers­tändlich müssen unsere Alten und alle besonders Gefährdete­n so rasch als möglich geschützt werden. Genauso selbstvers­tändlich müssen aber auch jene, die das Gesundheit­ssystem aufrechter­halten – Ärzte, Pflege –, zuallerers­t geschützt werden. Ebenfalls aber auch jene, die die Verantwort­ung dafür tragen, welche Maßnahmen zur Bewältigun­g der Pandemie und ihrer Folgen gesetzt werden, und das sind eben auch an vorderster Front führende politische Entscheidu­ngsträger – unabhängig davon, ob man ihre aktuellen Handlungen als richtig oder falsch empfindet. ann, wenn nicht jetzt, brauchen wir funktionie­rende staatliche Systeme, Organisati­onen und handelnde Personen? Diese Tatsache ist unverrückb­ar, auch wenn sich der eine oder andere Trittbrett­fahrer im Windschatt­en einen Vorteil erschleich­t.

war Landesrat der SPÖ in der Steiermark und ist heute als Manager tätig

„Würden Mitglieder von Bundesund Landesregi­erungen sich in so einer Notsituati­on nicht als systemrele­vanteinstu­fen, wäre das fatal.“

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