Wie Österreich Millionen Impfungen verlor
Wesentlich weniger Impfdosen von AstraZeneca
und Polit-Versprechen, die nicht halten: die Chronik des österreichischen Impf-Dilemmas und wie die Impfstrategie damit verzögert wird.
Es war eine Meldung, die vielen Hoffnung machte: Im ersten Quartal könnten zwei Millionen Impfdosen nach Österreich kommen, ließ Österreichs Kanzler Sebastian Kurz noch Anfang dieser Woche wissen. AstraZeneca, jenes Unternehmen, auf das Kurz gesetzt hatte, bestätigte jedoch auf Anfrage der Kleinen Zeitung die Lieferung von zwei Millionen Impfungen nicht. Jetzt sickerte sogar durch, dass AstraZeneca statt der erhofften zwei Millionen Impfungen im ersten Quartal lediglich 600.000 liefern könne, im schlimmsten Fall nur knapp 500.000. Das Unternehmen erklärte, dass die „anfänglichen Volumina aufgrund reduzierter Erträge der Impfsubstanz an einem Produktionsstandort geringer ausfallen als erwartet“.
Genaue Zahlen nannte man nicht. Aber auch so ist es eine Bestätigung, die Österreichs Impfstrategie im ersten Quartal auf den Kopf stellt. Denn der einfach zu handhabende Impf
wäre dazu gedacht gewesen, die Impfung in die breite Masse zu bringen. Dabei war der AstraZeneca-Impfstoff noch nicht einmal zugelassen, nächsten Donnerstag wird darüber entschieden.
Gesundheitsminister Rudolf Anschober erklärte empört: „Zugesagte Liefermengen müssen eingehalten werden.“Und er betonte gleichzeitig, wie wichtig es gewesen sei, bei Biontech/Pfizer 3,8 Millionen Impfdosen nachgeordert zu haben. Klingt zwar gut, hilft aber im ersten Quartal auch nicht: Die Impfdosen kommen erst im zweiten und dritten Quartal.
Dieses Spiel mit den Zahlen, das Versprechen immer neuer Impflieferungen, die sich dann oft nicht bewahrheiteten, kratzten an der Glaubwürdigkeit der Politik: Erfahrene Mediziner, die das System der Impfzulassungen gut kennen, schütteln längst den Kopf, wie locker mit den Zahlen umgegangen wurde, weil die Zulassungsprozesse von Vakzinen nicht einfach steuer- und vorhersehbar sind.
Der Kleinen Zeitung liegen interne Dokumente des Gesundheitsministeriums vor, wie im Strudel der Ankündigungen zwischen 20. November 2020 und 22. Jänner 2021 mit den Zahlen über Impf-Millionen, mit denen man gerechnet hatte, jongliert wurde, wie sie „verloren“gingen, und dann teils wieder „auftauchten“. In nicht einmal zwei Monaten sind die Impfpläne für das erste Quartal nicht nur redimensioniert worden, sie sind auch gescheitert. Damit verzögert sich auch die weitere Planung, etwa für Impfungen jüngerer Altersgruppen.
Dazu kommt, dass Österreich bei der EU-weiten Bestellung des AstraZeneca-Impfstoffs ein gewichtiges Wort mitzureden hatte: Clemens-Martin Auer, Sonderbeauftragter von Minister Rudolf Anschober, war Vizechef der EU-Bestellkommission. Der Preis soll eine Rolle gespielt haben. Der Tweet einer belgischen Politikerin enthüllte: So soll der AstraZenecaImpfstoff 1,78 Euro pro Dose kosten, der Pfizer/Biontechstoff