Kultursnobismus ist kein Maßstab für Politiker
Peter Huemer wollte an dieser Stelle wissen, was „der Kanzler über unsere Geschichte weiß. Was liest er, was hört er, welche Malerei und welche Architektur bedeutet ihm viel? Welche Philosophen? Oder sind das Fragen, die an ihm vorbeigehen? Wir wissen nicht einmal, ob Beatles oder Rolling Stones, Rapid oder Austria“.
Von Werner Faymann und Christian Kern wollte er nie wissen, welche Bücher sie lesen und welche Musik ihnen gefällt. Kultursnobismus ist typisch für die Linken. Sie meinen, die Bildung gepachtet zu haben. Ein Konservativer ist für sie ipso facto ungebildet und beschränkt. „Was ist er schon“, sagte Robert Menasse über Wolfgang Schüssel: „Ein sehr guter Politiker“. Immerhin. Dass er auch ein sehr gebildeter, belesener und kunstsinniger Mensch ist, Zeichner und Musiker auch, das durfte es nicht geben.
Abgesehen davon, dass es Huemer ohnehin nur darauf ankam, Sebastian Kurz verächtlich zu machen, kann man fragen, was eigentlich jemand wissen oder lesen oder hören muss, um für die Politik geeignet zu sein. Von Bruno Kreisky weiß man, dass er gern „Tristram Shandy“von Laurence Sterne las, ein schräges Werk aus dem 18. Jahrhundert, geistreich und voll subtiler Ironie. Aber hat ihn das zu einem guten Politiker gemacht?
Ronald Reagan galt als nicht sehr gebildet im üblichen Sinn, wusste aber etwas von weltgeschichtlicher Verantwortung: „Mister Gorbatschow: tear down this wall!“Und Helmut Kohl, der wegen seines angeblich schlichten Geschmacks von der Kultur-Linken bis heute belächelt und verspottet wird: Vielleicht kein großer Politiker? ffenbar kommt es auf anderes an: Adlai Stevenson, der sich zweimal erfolglos um die Präsidentschaft der USA bewarb, war ein sehr gescheiter und gebildeter Mensch. Als ihm eine begeisterte Anhängerin einmal zurief: „Mister Stevenson, alle intelligenten Menschen wählen Sie“, gab er trocken zurück: „Ich brauche aber die Mehrheit.“
„Von Bruno Kreisky weiß man, dass er gern ,Tristram Shandy’ von Laurence Sterne las. Aber hat ihn das zu einem guten Politiker gemacht?“
Olebt als Journalist in Wien.