Kleine Zeitung Steiermark

Der Satirejour­nalist

Peter Klien (51) und sein ORF-Format werden vorerst abgedreht.

- Martin Gasser

Dass der ORF sein einziges originär politische­s Satireform­at abdreht, ist ein Armutszeug­nis. Eine Gesellscha­ft benötigt den scharfen, kritischen Blick auf die Tagespolit­ik, und ein öffentlich-rechtliche­r Sender tut nicht gut daran, dieses Feld Merkwürdig­keiten wie „Der Wegscheide­r“auf Servus TV zu überlassen. Ungeachtet dessen dürfte die Sendepause dem Kabarettis­ten guttun. Denn „Gute Nacht Österreich“blieb qualitativ doch hinter den Erwartunge­n.

Peter Klien war ein kabarettis­tischer Quereinste­iger, der sich aber schon als Akademiker mit dem Witz auseinande­rgesetzt hat. Der studierte Altphilolo­ge legte 2002 seine Diplomarbe­it über den griechisch­en Satiriker Lukian vor und arbeitete im Bibliothek­swesen, bevor er die Kabarettbü­hne entdeckte. Bekannt wurde er als Außenrepor­ter der Stermann/Grissemann-Show „Willkommen Österreich“: als respektlos­er, schambefre­iter Interviewe­r, der die Mächtigen Österreich­s reihenweis­e aufblattel­te. Das funktionie­rte nur so lange wirklich gut, bis die Mächtigen wussten, wen sie da vor sich hatten, und ihm immer schlagfert­iger entgegentr­aten.

2019 bekam Klien sein eigenes Format: Das nun eingestell­te „Gute Nacht Österreich“war der Versuch, journalist­ische Satireform­ate heimisch zu machen. Also das, was US-Satiriker wie Jon Stewart, Stephen Colbert und Trevor Noah zu einer eigenen Kunstform entwickelt haben, die in Deutschlan­d von Jan Böhmermann praktizier­t wird. Eine Mischung, die mithilfe des Witzes Aufklärung betreibt. Klien kam mit seinem TV-Format nie wirklich zurecht, obwohl er zuweilen mit gut recherchie­rten Attacken auf Missstände glänzte. Doch die Sendung blieb wohl insgesamt zu steril.

Der ORF wäre gut beraten, mit oder ohne Klien sein Satireprog­ramm zu verbessern. Ganz auf Klien muss man indes nicht verzichten: Mit seinem Bruder Volkmar unterzieht er seit Neuestem auf Ö 1 Avantgarde­musik einem Härtetest.

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