Kleine Zeitung Steiermark

Fehler auf der Streif sind verboten

- Von Michael Schuen Hannes Reichelt

Auch in großer Ruhe kann Stille erdrückend sein: Schwere Stürze von Ryan Cochran-Siegle und Urs Kryenbühl zeigten die Gefahr der Streif – die Ursachen sind geklärt.

Wenn Kitzbühel ein normales Jahr erlebt, dann ist der Fall des Lärmpegels auffällig. Der kollektive Schrei, gefolgt von der Stille zählt zu den eindrückli­chsten Erlebnisse­n. In diesem Jahr aber ist es ohnehin schon ruhig im Zielauslau­f. Als Ryan CochranSie­gle in der Traverse aber plötzlich abbog und ins Netz krachte, wurde aus der Ruhe Stille. Als nach Unterbrech­ung und Abtranspor­t des US-Amerikaner­s der Schweizer Urs Kryenbühl beim Zielsprung stürzte, wurde diese Stille erdrückend. Schwer zu beschreibe­n, wenn man vermeint, das Rutschen des reglosen Körpers über das gefrorene Wasser bis ins Ziel zu hören – und dann nichts mehr. Vincent Kriechmayr, der gerade das Gelände verließ, blieb stehen. Er blickte auf den Kollegen, der im Schnee lag und stieß einen Schrei aus. „Warum rennt da keiner hin“, rief er, tief besorgt. Sekunden werden in diesem Moment gefühlt zu Minuten. Denn die, die helfen wollten, rannten schon. Nur erweist sich in diesem Moment der Zielraum größer, als es das Auge vortäuscht. Schließlic­h bewegte sich Kryenbühl, setzte sich sogar auf, wurde erstversor­gt.

Die Diagnosen für beide, die am Abend kamen, sind ernüchtern­d. Ryan CochranSie­gle erlitt einen Genickbruc­h, aber: „Minor“, wie das US-Team schrieb, also leicht. Er war am Abend schon wieder im Team-Hotel. Für

Kryenbühl ist die Saison vorbei. Schlüsselb­ein gebrochen, dazu auch Kreuz- und Innenband gerissen im rechten Knie. Er wird heute in die Schweiz heimkehren. Wohl auch glücklich darüber, dass er diesen Sturz an dieser Stelle so überstand – ohne Kopfund Wirbelverl­etzungen. Kryenbühl war sofort ansprechba­r, erkannte alle.

Der Zielsprung blieb Thema. „Wir sind heute mehr als 5 km/h schneller zu dieser Stelle gekommen, bei mir waren es 149 km/h“, sagte Hannes Reichelt, „da ist es klar, dass es so weit geht. Ein

Wir sind viel schneller zum

Zielsprung gekommen – ich

mit 149 km/h. Logisch, dass es

da weit geht.

kleiner Fehler, eine Dysbalance – und dann ist es vorbei.“Man fragte, ob der aufgekomme­ne Wind das Problem sei, zauderte – zögerte, das Rennen fortzusetz­en. „Mich haben sie gefragt, ob Rückenwind war“, erzählte Daniel Danklmaier, der wohl weit über 60 Meter geflogen war. „Da habe ich gesagt: Sorry, bei mehr als 140 km/h, da spüre ich keinen Rückenwind mehr ...“annes Trinkl weiß als Abfahrtswe­ltmeister von 2001, worauf es ankommt. Und er wiederholt­e das, was Michael Huber, Präsident des Skiklubs, bei der Sitzung am Abend sagte: „Wir entschuldi­gen uns.“Auch Trinkl sagte „sorry“, versuchte zu erklären. Dass die Fahrer eben nicht vorhersehb­ar viel zu schnell an die Stelle kamen. Dass man dann nicht mehr eingreifen konnte. Und er sagte das, noch immer am Berg stehend. Der Sprung wurde sofort nach dem Rennen umgebaut – abgetragen beim Absprung, die Welle danach wurde ebenfalls entschärft. So will man alles sicherer machen. Das Problem: Fehler der Fahrer kann man nicht immer und zu 100 Prozent verhindern. Und Fehler auf der Streif, die tun wirklich weh ...

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 ?? AP ?? Urs Kryenbühl versuchte zunächst, selbst aufzustehe­n. Der Schweizer kam ohne Kopfverlet­zungen davon – die Verletzung­en waren aber doch schwer
AP Urs Kryenbühl versuchte zunächst, selbst aufzustehe­n. Der Schweizer kam ohne Kopfverlet­zungen davon – die Verletzung­en waren aber doch schwer
 ?? GEPA ?? Zwei Mal mussten die Flugretter am Freitag in Aktion treten
GEPA Zwei Mal mussten die Flugretter am Freitag in Aktion treten
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 ?? AP ?? Ryan CochranSie­gle landete in der Traverse im Netz, zog sich einen „leichten Wirbelbruc­h“zu – und ist schon wieder im Hotel
AP Ryan CochranSie­gle landete in der Traverse im Netz, zog sich einen „leichten Wirbelbruc­h“zu – und ist schon wieder im Hotel

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