Als Diesel und Baumaterial weg waren
Der Millionenbetrug an der Baustelle des Semmering-Basistunnels hat seit Montag ein gerichtliches Nachspiel.
Es begann mit einem Anruf im Jahr 2019 auf dem Diensttelefon eines der Angeklagten. Weil dieser nicht da war, hob ein Kollege ab. Am anderen Ende der Leitung forderte ein Mann: „Ich brauche mehr Diesel!“Der Kollege gab dies an seinen Vorgesetzten weiter, und damit begannen Ermittlungen, die anderthalb Jahre dauerten, der Fall findet seit gestern am Landesgericht Leoben seinen Abschluss.
Sechs Angeklagte und 18 Zeugen, das dauert, weshalb elf Prozesstage anberaumt sind, wie Richterin Barbara Grundbichler einleitend sagte. Staatsanwältin Elisabeth Uller wirft den sechs Männern, alles Österreicher im Alter von 35 bis 68 Jahren, gewerbsmäßigen schweren Betrug vor. Es geht um eine der größten Baustellen Österreichs, genauer um das Baulos Grautschenhof, einen sieben Kilometer langen Abschnitt des 27 Kilometer langen Semmering-Basistunnels auf steirischer Seite.
Die Staatsanwältin schilderte die Vorgangsweise: Es wurden fingierte Rechnungen gestellt, die von der Tunnelbau-Arge bezahlt wurden, obwohl es keine Lieferungen gab. Und es wurde Material bei Lieferungen abgezweigt, wofür etwa in Schottwien ein eigenes Zwischenlager für Diesel eingerichtet worden ist, wo der Diesel an Abnehmer günstig verkauft wurde. 300.000 Liter Diesel sollen abgezweigt worden sein.
hat bereits ein umfassendes Geständnis abgelegt. Am Grautschenhof war er für alle Kran- und Hebearbeiten sowie für Transporte zuständig. Bei der Einvernahme am Montag schilderte er seine Rolle als Drehscheibe für die groß angelegte Diesel-Abzweigungen. Bei ihm als Ortskundigem „haben sich plötzlich so viele Bauern gemeldet, die Diesel brauchen könnten, die ich vorher gar nicht gekannt habe“, sagte er. Er beschuldigt den Zweitangeklagten, dass er von diesem angesprochen worden sei, um diese „Geschäfte“einzufädeln. Dieser habe ihm einen Tankwagen geschickt, und er sollte das mit den Bauern abwickeln.
Die Bauern holten den Diesel mit Lkw oder großen Anhängern. Er habe dann bei den Bauern kassiert, den Lieferschein unterschrieben und Geld – um die 20.000 bis 25.000 Euro pro Tankwagen – sowie Lieferschein beim Zweitangeklagten abgeliefert. „Und zwar das gesamte Geld. Er kam zu mir in mein Büro in Gloggnitz oder wir trafen uns auf der S 6-Raststätte am Semmering.“Der Preis lag am Ende bei 70 Cent.
Er habe das gemacht, um mit den Kranarbeiten im Geschäft zu bleiben. Ihm sei vom Zweitangeklagten gesagt worden, das sei Geld „für die Handkasse der Obrigen“. Das sei so üblich auf Großbaustellen. Der Tankwagenfahrer bekam übrigens jeweils um die 300 Euro.
Sein Anwalt betonte, dass sein Mandant nicht nur vollinhaltlich geständig sei, sondern darüber hinaus auch wesentlich zur Aufklärung der Machenschaften beigetragen habe.
Ganz anders der Anwalt des Zweitangeklagten: Sein Mandant, Baukaufmann bei der