In dieser Form ist die ASVK überflüssig
Die vergangene Woche an die Öffentlichkeit gedrungenen Konflikte innerhalb der Grazer Altstadt-Sachverständigenkommission (ASVK) haben weniger persönliche als strukturelle Ursachen: Denn seit vergangenem Jahr ist dieses Gremium grob gesetzwidrig besetzt. Im Grazer Altstadterhaltungsgesetz (GAEG) heißt es wörtlich: „Die ASVK-Mitglieder (…) sollen (…) Fachleute (sein …), insbesondere Absolventinnen und Absolventen der Studienrichtungen Architektur, Städtebau, Archäologie, Geschichte und Kunstgeschichte. Auf ein ausgewogenes Verhältnis von historischen und gestaltenden Fachrichtungen in der ASVK ist bei der Bestellung Bedacht zu nehmen.“
Wie sieht es aber derzeit in der Praxis aus? Von den acht stimmberechtigten Mitgliedern hat gerade mal eines (!) ein Kunstgeschichte-Studium absolviert, alle anderen sind Architektinnen und Architekten. In den beiden vorangegangenen Legislaturperioden war das Verhältnis um einiges besser (wenn auch nicht ausgewogen), nämlich 3:5. arum das ein Problem ist? Dem Gesetzgeber war bewusst, dass Vertreter von „gestaltenden Fachrichtungen“im Zweifelsfall eher dazu tendieren, Neu- und Umbauten zuzulassen, während solche aus der historischen Zunft sich tendenziell eher für das Bewahren des Bestandes
Waussprechen. Außerdem sind Architekturvertreter in Gestaltungsfragen, Kunstgeschichtsvertreter in der Begutachtung des historischen Bestandes versierter. Nur bei einem ausgewogenen Verhältnis ist garantiert, dass die ASVK im Sinne des GAEG arbeitet. Die Grundlage für das derzeitige krasse Missverhältnis wurde bei der letzten Novellierung des GAEG gelegt, als anstelle des Denkmalamtes, das sich aus der ASVK zurückzog, nicht eine vergleichbare Institution mit bauhistorischer Expertise wie Icomos oder docomomo, sondern die Wirtschaftskammer (!) einen Vertreter in die ASVK nominieren durfte. Damit wurde der sprichwörtliche Bock zum Gärtner gemacht und die Interessen der Baulobby endgültig über die des Altstadtschutzes gestellt. n der jetzigen Zusammensetzung ist die ASVK überflüssig. Die architektonische Begutachtung von Bauprojekten könnte auch der (ausschließlich aus Architekten bestehende) Fachbeirat für Baukultur übernehmen, der für das Grazer Stadtgebiet außerhalb der Schutzzonen zuständig ist. Wenn einem aber am Altstadtschutz etwas liegt, sollte man schleunigst den gesetzeskonformen Zustand wiederherstellen.
Iist Professor für Architekturtheorie an der TU Graz und war von 2011 bis 2020 selbst Mitglied der ASVK.