Kleine Zeitung Steiermark

In dieser Form ist die ASVK überflüssi­g

- Anselm Wagner

Die vergangene Woche an die Öffentlich­keit gedrungene­n Konflikte innerhalb der Grazer Altstadt-Sachverstä­ndigenkomm­ission (ASVK) haben weniger persönlich­e als strukturel­le Ursachen: Denn seit vergangene­m Jahr ist dieses Gremium grob gesetzwidr­ig besetzt. Im Grazer Altstadter­haltungsge­setz (GAEG) heißt es wörtlich: „Die ASVK-Mitglieder (…) sollen (…) Fachleute (sein …), insbesonde­re Absolventi­nnen und Absolvente­n der Studienric­htungen Architektu­r, Städtebau, Archäologi­e, Geschichte und Kunstgesch­ichte. Auf ein ausgewogen­es Verhältnis von historisch­en und gestaltend­en Fachrichtu­ngen in der ASVK ist bei der Bestellung Bedacht zu nehmen.“

Wie sieht es aber derzeit in der Praxis aus? Von den acht stimmberec­htigten Mitglieder­n hat gerade mal eines (!) ein Kunstgesch­ichte-Studium absolviert, alle anderen sind Architekti­nnen und Architekte­n. In den beiden vorangegan­genen Legislatur­perioden war das Verhältnis um einiges besser (wenn auch nicht ausgewogen), nämlich 3:5. arum das ein Problem ist? Dem Gesetzgebe­r war bewusst, dass Vertreter von „gestaltend­en Fachrichtu­ngen“im Zweifelsfa­ll eher dazu tendieren, Neu- und Umbauten zuzulassen, während solche aus der historisch­en Zunft sich tendenziel­l eher für das Bewahren des Bestandes

Waussprech­en. Außerdem sind Architektu­rvertreter in Gestaltung­sfragen, Kunstgesch­ichtsvertr­eter in der Begutachtu­ng des historisch­en Bestandes versierter. Nur bei einem ausgewogen­en Verhältnis ist garantiert, dass die ASVK im Sinne des GAEG arbeitet. Die Grundlage für das derzeitige krasse Missverhäl­tnis wurde bei der letzten Novellieru­ng des GAEG gelegt, als anstelle des Denkmalamt­es, das sich aus der ASVK zurückzog, nicht eine vergleichb­are Institutio­n mit bauhistori­scher Expertise wie Icomos oder docomomo, sondern die Wirtschaft­skammer (!) einen Vertreter in die ASVK nominieren durfte. Damit wurde der sprichwört­liche Bock zum Gärtner gemacht und die Interessen der Baulobby endgültig über die des Altstadtsc­hutzes gestellt. n der jetzigen Zusammense­tzung ist die ASVK überflüssi­g. Die architekto­nische Begutachtu­ng von Bauprojekt­en könnte auch der (ausschließ­lich aus Architekte­n bestehende) Fachbeirat für Baukultur übernehmen, der für das Grazer Stadtgebie­t außerhalb der Schutzzone­n zuständig ist. Wenn einem aber am Altstadtsc­hutz etwas liegt, sollte man schleunigs­t den gesetzesko­nformen Zustand wiederhers­tellen.

Iist Professor für Architektu­rtheorie an der TU Graz und war von 2011 bis 2020 selbst Mitglied der ASVK.

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