Kleine Zeitung Steiermark

„Weniger Bürokratie wäre besser“

- Von Norbert Swoboda

Zehn Jahre dirigierte Wolfgang Pribyl die große Forschungs­orgel Joanneum Research. Ein Rück- und Ausblick zum Abschied.

Für die große steirische Forschungs­gesellscha­ft Joanneum Research (JR) geht dieser Tage eine Ära zu Ende. Zehn Jahre lang hat Wolfgang Pribyl als Allein-Geschäftsf­ührer die Geschicke dieser Institutio­n geführt, die rund 500 Menschen beschäftig­t.

Zu markigen Sätzen oder plakativen Aussagen in der Öffentlich­keit neigt der gebürtige Gleisdorfe­r, der viel Zeit in der Industrie verbrachte und Universitä­tsprofesso­r ist, nicht. Wenn er anmerkt, dass es gelungen sei, „sich auf Kernkompet­enzen zu fokussiere­n“, dann steht dahinter eine komplexe

Geschichte. Denn Joanneum Research war lange Zeit großkoalit­ionärer Spielball des Landes. Zuständigk­eitswechse­l führten dazu, dass diese zweitgrößt­e österreich­ische außerunive­rsitäre Forschungs­orgel mit einer Doppelspit­ze ständig Kehrtwendu­ngen vollziehen musste und einen Bauchladen an Themen aufbaute. Auch die personelle Verschränk­ung mit den Unis war nicht immer hilfreich.

Als 2011 Pribyl von der damaligen Landesräti­n Kristina Edlinger-Ploder (ÖVP) als AlleinGesc­häftsführe­r bestellt wurde, sollte sich dies ändern – die Politik zog sich aus dem Tagesgesch­äft zurück. Im Gegenzug be

das Land die Basissubve­ntionierun­g. Pribyl muss heute mit seiner Mannschaft an mehreren Standorten (Graz, Weiz, Klagenfurt, Niklasdorf, Wien und Pinkafeld) 80 Prozent des Budgets selber verdienen: mit Industriep­artnern, bei

Wettbewerb­sausschrei­bungen, mit marktfähig­en Produkten.

Zehn Jahre später sind die sieben Forschungs­bereiche gut aufgestell­t. Als Uni-Professor für Elektronik habe er hier auch „fachlich etwas mitgebrach­t, das war zunächst vielen ein wegrenzte

nig unheimlich“, erzählt Pribyl. Die jährliche „Zukunftsko­nferenz“von JR wurde zu einem fixen Datum in der Steiermark.

Ein Herzstück dieser Jahre war der Aufbau der Forschungs­achse Süd; erst mit Kärnten (hält heute 14,25 Prozent Anteil an JR), dann mit dem Burgenland (5,0 Prozent). Der Umsatz stieg auf rund 50 Millionen Euro, an zwei Dutzend Unternehmu­ngen und Kompetenzz­entren ist JR beteiligt. Ein Drittel der Erlöse stammt heute aus dem Ausland.

Pribyl beobachtet mit Sorge die Bürokratis­ierung in der Forschung: „99,7 Prozent aller Antragstel­ler sind in Ordnung und arbeiten bestens. Für 0,3 Prozent, die nicht okay sind, werden immer wieder neue Regeln gemacht, die ungeheuer aufwendig sind. Wenn man denkt, wie viele Leute heute in Genehmigun­gsverfahre­n beschäftig­t sind und nicht in der Forschung ...“, seufzt er. „Weniger Bürokratie wäre besser.“

Vom Bund fordert er eine bessere (langfristi­gere) finanziell­e Absicherun­g von Grundlagen­und angewandte­r Forschung. Zufrieden ist Pribyl mit der Zusammenar­beit mit Industrie und den KMU; hier zeige sich, dass JR gut aufgestell­t sei und wichtige Funktionen erfülle.

Bevor er sich in den Ruhestand verabschie­det („ich werde sicherlich nicht nur meinen Garten betreuen“) und sein Nachfolger Heinz Mayer am 1. Oktober übernimmt, spricht Pribyl noch eine Warnung aus: „Wir müssen in Europa vorsichtig­er werden, was wir forschungs­mäßig der Konkurrenz, etwa China, weitergebe­n. Zu sagen: Wir forschen hier und produziere­n dann dort, wo es nichts kostet, führt über kurz oder lang dazu, dass man dann auch dort forscht.“

 ??  ??
 ?? JR ?? Wolfgang Pribyl zieht nach zehn Jahren an der Spitze von Joanneum Research Bilanz. Er warnt vor zu viel Bürokratie in der Forschung
JR Wolfgang Pribyl zieht nach zehn Jahren an der Spitze von Joanneum Research Bilanz. Er warnt vor zu viel Bürokratie in der Forschung

Newspapers in German

Newspapers from Austria