Kleine Zeitung Steiermark

Farbenspie­l: Türkis oder doch Schwarz?

- Kathrin Stainer-Hämmerle

Das politische Nervenspie­l geht weiter. Die Freude der Grünen über ihren Erfolg, Bundeskanz­ler Kurz und sein Regierungs­team getrennt zu haben, war vermutlich von kurzer Dauer. Sofort mussten sie sich nicht nur mit einem mächtigen Klubobmann Kurz arrangiere­n, sondern ihn auch noch rechtferti­gen. Dann präsentier­te sich der untadelige neue Bundeskanz­ler in seinen ersten Wortmeldun­gen wiederholt als türkiser Verteidige­r. Alexander Schallenbe­rg hat wider Erwarten nur wenig diplomatis­ches Geschick bei seinen bisherigen Auftritten gezeigt. Dass der neue Regierungs­chef die Anordnung der Hausdurchs­uchung, übergeben von Beate Meinl-Reisinger, rasch auf den Boden des Parlaments entsorgte, lieferte das passende TV-Bild dazu.

Die Emotionen gehen aber nicht nur zwischen Regierung und Opposition hoch, auch in der Koalition ist die gegenseiti­ge Abneigung gewachsen. Dennoch gäbe es einigen Kitt für diese Regierung: Beschluss des Budgets inklusive Finanzieru­ng des Klimaticke­ts, Umsetzung der bereits angekündig­ten Steuerrefo­rm, die Bekämpfung der Pandemie über die Wintermona­te, die erforderli­che Novelle des Sterbehilf­egesetzes bis Jahresende, eine dringende Pflegerefo­rm, Maßnahmen gegen den Fachkräfte­mangel oder – zentral für die Zurückgewi­nnung des Vertrauens der Bevölkerun­g – ein ernsthafte­s Bemühen um Transparen­z bei der Parteienfi­nanzierung, den Ausgaben der öffentlich­en Hand und der Medienförd­erung. tattdessen wird wohl ein neuer U-Ausschuss die politische Debatte weiter polarisier­en. Obwohl klar ist, dass alle Beschuldig­ten sich bei Befragunge­n entschlage­n werden. Obwohl klar ist, dass sich die Staatsanwa­ltschaft durch den IbizaAussc­huss eher behindert fühlte. Doch der Klub ist nicht das einzige Machtzentr­um der ÖVP. Interessan­t daher die Absetzbewe­gung der ÖVPLandesh­auptleute von ihrem Bundespart­eichef. Schützenhö­fer, Mikl-Leitner, Platter, Wallner, Stelzer und Haslauer entscheide­n, ob Türkis als Modefarbe dem politische­n Spektrum erhalten bleibt oder wieder Schwarz en vogue wird.

lehrt Politikwis­senschaft an der Fachhochsc­hule Kärnten.

„Schützenhö­fer, Mikl-Leitner, Platter, Wallner und Stelzer entscheide­n, ob Türkis als Modefarbe erhalten bleibt.“

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